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Homepage: Die große Stille

Niedrige Wahlbeteiligung bei den Wahlen zum Studierendenparlament / Aber auch Zuspruch für AStA

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Die Sonne brennt über dem Neuen Palais vom Himmel wie in der Savanne. Sie verbrennt das ohnehin schon völlig vertrocknete Gras. Kein Tourist ist in der Mittagshitze zu sehen, nicht einmal die Vögel sind noch zu hören. Ab und zu fährt ein Student oder ein Rentner auf einem Fahrrad vorbei, hier und da sitzen vereinzelt Studierende im Schatten der Bäume. Sonst ist der Uni-Campus am Schlosspark menschenleer. Der heiße Wind treibt ein abgerissenen Zettel über den Hof des Audimax. „Wahllokal“ steht auf dem Wegweiser.

Im Foyer des Auditorium Maximum herrscht ähnliche Stille wie draußen. An einem großen Tisch mit zahlreichen bunten Unterlagen sitzen zwei Wahlhelfer und warten. Über hundert Wähler habe man bis 14 Uhr gezählt, doch nun ist niemand zu sehen. Den „Ansturm“ habe man einer großen Lehrveranstaltung am Morgen zu verdanken gehabt. Ansonsten ist die Wahlbeteiligung bei den Gremienwahlen der Universität Potsdam in dieser Woche wie immer gering. Im vergangenen Jahr habe man sogar nur sieben Prozent der 16 500 Studierenden zur Wahlurne locken könnene, sonst sind zehn Prozent üblich. Gewählt wird nicht nur das Studierendenparlament, auch andere Gremien wie die Fachschaftsräte und Ämter wie das der Gleichstellungsbeauftragten werden von Studierenden, Mitarbeitern und Dozenten gewählt.

Dann kommt doch noch jemand aus der Wahlkabine. Ein junger Mann mit Lockenkopf, Hawaiihemd, Jesuslatschen und Sonnenbrille schiebt theatralisch seinen verschlossenen Umschlag in die Urne. „Schade, keine Fotografen da“, sagt er affektiert und verschwindet in der gleißenden Hitze auf dem Hof. Unter einem der Bäume sitzt ein Jura-Studentin. Auch sie habe schon gewählt. Der Studierendenausschuss AStA – die Studierendenregierung – sei wichtig. Er könne etwas bewegen, da dürfe man seine Stimme nicht einfach verfallen lassen. Ihre Freundin sieht es ähnlich. Schließlich habe es auch etwas damit zu tun, wie weit man sich mit seiner Uni identifiziere, meinen die beiden Potsdamerinnen.

Am Morgen auf dem Campus Griebnitzsee sah das noch ganz anders aus. Auch hier suchten die Studierenden sich schon die Schattenplätze. Doch das Interesse an der Wahl ging gegen Null. Im Foyer des alten DRK-Gebäudes herrschte zwar angenehme Kühle, doch zur Wahl waren bis gegen elf Uhr gerade mal 20 Wahlberechtigte erschienen. Die Hitze, ja und natürlich auch der verpasste Einzug der Deutschen ins Finale am Vorabend mögen Gründe für das geringe Interesse sein, schätzt einer der Wahlhelfer. Am Dienstag habe man immerhin 120 Wähler gezählt. „Bei 2500 Wahlberechtigten der hiesigen Fakultäten ist das aber auch nicht gerade viel“, räumt Wahlhelfer André ein, der im achten Semester Soziologie studiert. Werbung habe man zumindest ausreichend gemacht. „Man muss schon blinden Auges durch die Uni gehen, um zu übersehen, dass Wahlen sind“, sagt der Student.

Beim Thema Mitbestimmungsrecht scheint allerdings doch so mancher Studierende blind zu sein. Drei Studentinnen sitzen mit knappen Sonnentops auf den Bänken vor der Mensa. Nein, sie wissen nicht, dass gewählt wird und auch nicht, was gewählt wird. Das große Plakat „StuPa-Wahl“ über ihren Köpfen sagt ihnen nichts. Die drei stehen am Anfang ihres BWL-Studiums und wohnen in Berlin. Sie meinen, man hätte besser über die Wahlen informieren müssen. Bei den Bundestagswahlen geschehe dies ja schließlich auch über die Medien. Ob sie sich vom AStA denn wenigstens bei wichtigen Fragen wie etwa der Einführung von Studiengebühren ausreichend vertreten fühlen? „Von wem?“, lautet die unwissende Gegenfrage.

Im Schatten sitzen zwei andere BWL-Studentinnen. Auch sie werden nicht wählen gehen, weil sie nicht wissen, worum es geht. Um die Vertretung ihrer Interessen – ja, das wissen sie schon. Aber sie wissen nicht, welche Partei für welche Inhalte steht. Immerhin ist ihnen klar, dass sie sich besser hätten informieren müssen. Das einzige was bei ihnen vom Wahlkampf hängen geblieben ist, ist die Forderung der Offenen Linken Liste (oll), den Nachschlag in der Mensa wieder einzuführen. „Das ist aber Unsinn, hier gibt es Nachschlag“, sagte eine der beiden. Später sieht man sich in einem der langen Korridore des Unigebäudes wieder. Sie hätten noch einmal darüber nachgedacht, vielleicht werden sie nun doch wählen gehen.

Aktuelles zum AStA im Internet:

www.asta.uni-potsdam.de

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