Links und rechts der Langen Brücke: Die Guten gegen die Guten
Guido Berg über den Streit zwischen Schlösserstiftung und Studentenwerk über die Sanierung eines Studentenwohnheims in Eiche
Stand:
Das ist ein klassischer Zielkonflikt zweier völlig legitimer Interessen. Das Studentenwerk will das aus DDR-Zeit stammende Studentenwohnheim T1 mit Hilfe von Konjunkturpaket-Mitteln sanieren. Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten ist dagegen, sie argumentiert, es werde eine Bausünde manifestiert mit Hilfe öffentlicher Gelder. Der achtgeschossige Plattenbau in Eiche steht in direktem Umfeld des Schlossparkes Sanssouci und stört das Welterbe. Wenn es nach der Stiftung ginge, müsste das Haus verschwinden. Als Kompromiss bietet sie jedoch an, dass wenigstens die obersten drei Etagen nur so instand gesetzt werden, dass ihrem Abriss mittelfristig nichts entgegensteht. Die Anliegen der beiden Gegenspieler sind alle Ehren wert. Die Stiftung schützt ein Denkmalensemble, für das Potsdam in der Welt bekannt ist. Oft werden ihre Vorstöße belächelt – siehe Fahrradverbot in den Parks. Allerdings ist der ihr von den Ländern Berlin und Brandenburg sowie dem Bund erteilte Auftrag eindeutig: Bewahren der Schlösser und Gärten für spätere Generationen und dies gewiss nicht in ihrer Variante des Jahres 1990, sondern in seiner historischen Anmutung. Den Oberen in der DDR galt es als Beweis ihrer Macht, dem „reaktionären“ preußischen Erbe einen Betonklotz vorzusetzen, als eine Art Maschinenstürmerei mit Baukränen – oder mit der Abrissbirne, siehe Stadtschloss oder Garnisonkirche. Dessen ungeachtet ist das Interesse des Studentenwerkes von nicht geringerer Relevanz. Potsdam hat auch als Wissenschaftsstadt eine große Vergangenheit. Die soll nicht nur bewahrt, sondern in die Zukunft projiziert werden. Ohne Studenten, die auch preiswert an ihrer Hochschul- oder Universitätsstadt wohnen können, wird das nicht gelingen. Bei Studentenwohnungen aber hat Potsdam einen enormen Nachholbedarf. Zwar gibt es Projekte, etwa der geplante Studenten-Campus des Investors Theodor Semmelhaack. Doch wird die Realisierung nicht von heute auf morgen gelingen und auch längst nicht den Bedarf decken. Wenn nun zwei sich kabbeln, die jeweils auf der richtigen Seite stehen, dann kann am Ende der Debatte nur ein Kompromiss stehen. Zwar hat die Schlösserstiftung ihrer Forderung bereits den Titel ,Kompromiss’ gegeben; ein Kompromiss jedoch steht nicht am Anfang, sondern am Ende der Verhandlungen. Oberbürgermeister Jann Jakobs hat eine Möglichkeit aufgezeichnet, die kurz mit der Formel „kurzfristig sanieren, langfristig abreißen“ beschrieben werden könnte. Das hat einen materiellen Kern: Plattenbauten sind keine Pyramiden, sie halten ohnehin nicht ewig. Wie wäre es, wenn sich Stiftung und Studentenwerk auf eine Art „Restlaufzeit“ des Wohnheims T1 einigen könnten?
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