
© A. Klaer
Von Henri Kramer: Die Gymnasiasten-Falle vermeiden
Am Sonntag diskutieren Potsdamer Jugendliche, wie sich in der Landeshauptstadt mehr bewegen lässt
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Für Matthias Scheffelmayers Vorhaben beginnt alles mit einer Frage. „Was stört mich an der Welt und was lässt sich dagegen tun?“ Eine Antwort für die Potsdamer Verhältnisse will er a n diesem Sonntag suchen – zusammen mit rund hundert anderen Jugendlichen aus der Landeshauptstadt. Ab 10 Uhr beginnt im Haus der Jugend in der Schulstraße und im benachbarten evangelischen Gemeindezentrum der wohl wichtigste Teil des Projekts, Potsdam zur ersten „Youth Changemaker City“ Deutschlands zu machen.
Hinter der Namenshülle verbirgt sich ein ambitioniertes Vorhaben. Der deutsche Ableger der weltweit aktiven Ashoka-Jugendinitiative will Potsdam so verändern, dass sich mehr Jugendliche als bisher für soziales Engagement begeistern. Matthias Scheffelmayer und Elisa Bader sind dafür die Koordinatoren, die beiden 26-Jährigen sollen das abstrakte Thema um gefühlte und bestehende Hürden für Jugendengagement möglichst plastisch erklären. „Solche Hindernisse können nicht vorhandene Gelder sein, aber auch fehlende Anerkennung, eingeschränkte Mitspracherechte oder zu wenig Vorbilder“, sagt Matthias Scheffelmayer. Genau um solche Schwierigkeiten soll es am Sonntag gehen. „Wir möchten wissen, was in Potsdam schon läuft – und was noch nicht funktioniert“, sagt Elisa Bader. Für die Probleme sollen erste Lösungsansätze besprochen werden. Bis Anfang Juli folgt ein Ideenwettbewerb, dessen beste Beiträge mit bis zu 800 Euro Fördergeld unterstützt werden. Mehr als 90 Jugendliche hätten sich für den Sonntag bereits angemeldet, sagt Elisa Bader. Doch auch spontanes Erscheinen sei noch möglich.
Aber kommen die Ashoka-Aktivisten Elisa Bader und Matthias Scheffelmayer mit ihrer Idee nicht eigentlich zu spät? Nach mehr als zwei Jahren intensiver Diskussion haben die Stadtverordneten erst jüngst „Freiland“ beschlossen und Hilfen für das „Archiv“-Kulturzentrum – beides vom Ansatz her selbstverwaltete Jugendzentren. In der Debatte, ob die Stadt für solche Häuser Geld einsetzen sollte oder nicht, brachten sich immer wieder auch Jugendliche ein.
Doch das Erreichte ist jungen Potsdamer wie Steven Kierek nicht genug. „Viele Jugendeinrichtungen in der Stadt sind nicht darauf eingerichtet, Jugendliche etwas selbst machen zu lassen“, sagt der 19-Jährige, der gerade ein Freiwilliges Soziales Jahr g (SJR) absolviert. Ein Beispiel für Steven Kierek: Für kleine Konzerte, die Jugendliche für Nachwuchsbands veranstalten würden, bestehe fast jeder Klub auf einem bezahlten Haustechniker – selbst wenn die jungen Menschen die Soundabstimmung und das Licht für solche Abende auch selbst stellen könnten.
In solchen, auch manchmal kleinen Dimensionen soll sich das „Changemaker City“-Projekt bewegen. „Eine Idee, die am Ende entstehen könnte, ist vielleicht das Aufhängen von schwarzen Brettern für bestimmte Themen“, sagt Scheffelmayer. Aber was genau sich ändern müsste, genau dies sollen die Jugendlichen am Sonntag selbst entscheiden. Zugleich soll eine typische Eigenart vieler Engagementprojekte bei den „Changemakern“ vermieden werden – dass am Ende doch nur wieder Gymnasiasten dabei sind und dazu jene, die sich sowieso überall engagieren. Scheffelmayer hat dafür in 15 Potsdamer Schulen aller Art vorgesprochen. Dazu verfügt das Projekt über eine ansehnliche Partnerliste, die von den „Rewe“-Märkten über die Junge Union und die Linksjugend „solid“ bis zur Robert-Bosch-Stiftung reicht. Matthias Scheffelmayer gibt sich optimistisch: „Momentan suchen wir noch nach einem Weg, wie wir die besten Vorschläge aus dem Ideenwettbewerb den Stadtpolitikern vorstellen können.“
Im Internet:
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