Landeshauptstadt: Die Haare der Toten
Rund 40 Lenné-Schüler besuchten Auschwitz
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Bergeweise Haare, links und rechts. Dazu Bilder an den Wänden, Fotografien von Menschen, deren Köpfe einst die Haare trugen, wie sie nun als unübersehbares Mahnmal aufgeschichtet sind. Es hat Julius Hendl und Stefan Reissing beeindruckt, was sie bei ihrem ersten Besuch im ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz gesehen haben. Vorausgesehen hatte er solche schlimmen Momente, so der 17-jährige Stefan: „Doch ich habe nicht gedacht, dass es so bedrückend ist.“
Gestern bedankten sich die beiden Jungen bei zwei Menschen, die für sie und knapp 40 weitere Schüler der Peter-Joseph-Lenné-Schule die Reise nach Auschwitz überhaupt möglich gemacht hatten. Denn kurz vor Beginn der Fahrt klaffte wegen weggebrochener Fördergelder ein Loch im Etat. Schulleiter Ingo Müller wendete sich daraufhin an Potsdams CDU-Bundestagsabgeordnete Katharina Reiche. Sie sagte Hilfe zu und telefonierte mit dem Chemiekonzern Henkel. Das Unternehmen gab 1800 Euro. „Unsere Firma unterstützt solche Projekte, um Geschichte für Schüler erlebbar zu machen“, so gestern Volker Bauer, Chef des Henkel Werks in Genthin, der mit Reiche an die Schule gekommen war.
Und so bekamen die Politikerin und der Werkschef auch einen Einblick, wie solch eine Reise zu dem polnischen Holocaust-Mahnmal Jugendliche verändern kann. „Es war unglaublich“, diesen Satz hörten die beiden Erwachsenen oft an diesem Vormittag. Die Schüler erzählten von den Brillenbergen im Lager, den aufgeschichteten Gehhilfen, den tausenden Schuhen. Etwa 1,1 Millionen Menschen wurden in dem Vernichtungslager getötet. „Besonders das Arbeitslager Auschwitz I fand ich erschreckend, weil dort noch alles original aussah“, sagte der 14-jährige Julius. Da nickte Reiche, erinnerte sich zurück an ihren ersten Besuch in dem Lager. Vögel zwitscherten damals im Kontrast zu den Schrecken der Vergangenheit, so die Politikerin: „Einen Tag dort zu erleben ist besser als viele Geschichtsstunden.“
Das meinen auch die beiden Jungen. Nach dem Besuch, so erzählten Julius und Stefan, habe keiner sofort in den Alltag zurück gefunden. „Die Busfahrt war deutlich ruhiger.“ Die achte Klasse der Schule machte aus ihren Erfahrungen zudem ein Projekt über Rassismus damals und heute. Die Ergebnisse sollen in der Schülerzeitung veröffentlicht werden. Auch Julius arbeitet an dieser Ausgabe mit. „Es darf nicht in Vergessenheit geraten, zu welchen Verbrechen die Menschheit im Stande ist.“ Henri Kramer
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