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Kleine Gefahr. Wenn sie die Haare der Eichenprozessionsspinner einatmen, können vor allem Kinder und kranke allergische Reaktionen entwickeln

© dapd

Eichenprozessionsspinner: Die haarige Gefahr

UPDATE. Der giftige Eichenprozessionsspinner ist auf dem Vormarsch. Zum zweiten Mal sucht er nun auch den Neuen Garten heim.

Von Peer Straube

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Potsdam - Erwachsen sind sie harmlos. Schön sehen sie zwar nicht aus, ein schlichter graubrauner Schmetterling. Ein Nachtfalter eben, aus der Familie der Zahnspinner. Nein, es sind die Raupen, die gefährlich sind – für Menschen und für die betroffenen Bäume. Zum zweiten Mal nach 2010 hat die Larve des Eichenprozessionsspinners jetzt den Neuen Garten befallen. Die Schlösserstiftung rät den Besuchern des Parks dringend, auf den Wegen zu bleiben und nicht über die Wiesen zu laufen. Auch die wilde Badestelle nahe dem Grünen Haus könnte von den Raupen befallen sein.

Das haarige Insekt ist gleich doppelt schädlich: Es ist gesundheitsgefährdend, weil die Brennhaare der bis zu fünf Zentimeter langen Raupen schwere Haut- und Augenreizungen oder, wenn sie eingeatmet werden, Atemnot, Hustenanfälle und sogar Asthma hervorrufen können. Zum anderen ist der Spinner inzwischen zu einer echten Lebensgefahr für die Eichen geworden. 40 000 bis 50 000 gibt es davon im Stadtgebiet, schätzt das Rathaus. 1000 stehen im Neuen Garten.

Bei der Schlösserstiftung glaubt man indes, das Problem unter Kontrolle zu haben. Bereits am Freitag hätten Experten einer Berliner Firma bei fünf befallenen Bäumen zwischen der Gotischen Bibliothek und der Orangerie die Raupennester abgesaugt und vernichtet, sagte Michael Rohde, Gartendirektor der Stiftung, am Dienstag den PNN. Er gehe von maximal zehn bis 15 weiteren betroffenen Eichen aus, die Nester sollen in den kommenden Tagen entfernt werden. Zusätzlich sollen Schilder die Besucher auf die Gefährdung durch Prozessionsspinner hinweisen. Weder der Park noch die Badestelle müssten indes geschlossen werden, sagte Rohde. Ob auch andere Welterbeparks von dem Schädling befallen sind, ist noch unklar. Derzeit seien alle Parkchefs der Stiftung von Rheinsberg bis Königs Wusterhausen damit beschäftigt, die Eichen an den Parkwegen nach Nestern abzusuchen und diese entfernen zu lassen. Für den heutigen Mittwoch hat Rohde alle Parkleiter zum Rapport einbestellt.

Auch die Stadtverwaltung ist alarmiert. Täglich gehen zehn bis 15 Hinweise von Bürgern ein, die neue Nester melden, sagte Stadtsprecher Jan Brunzlow den PNN. Am gestrigen Dienstag seien am Spielplatz auf der Freundschaftsinsel mehrere Nester entfernt worden. Da derzeit die heiße Phase beginnt, in der die Raupe ihre giftigen Haare entwickelt, würden in den nächsten Tagen die Eichen an allen öffentlichen Plätzen, vor allem auf Schulhöfen, in Kitas und an Haltestellen, nach dem Schädling abgesucht. Genaue Zahlen gibt es nicht, doch schätzt die Verwaltung, dass bis zu 5000 Bäume in der Stadt befallen sein könnten.

Im Landeskompetenzzentrum Forst in Eberswalde gilt Potsdam als einer der Lieblingsstandorte des Spinners in Brandenburg. In Städten sei die Temperatur generell höher als auf dem Land – dem wärmeliebenden Insekt komme das entgegen, sagte Schädlingsexpertin Katrin Möller auf Anfrage. Zudem gebe es in Potsdam besonders viele Eichen. Bereits 2011 sei der Befall in der Landeshauptstadt sehr hoch gewesen. In diesem Jahr werde es wohl noch schlimmer, sagte Möller: „Wir werden derzeit überrollt von dem Tier.“ Als Folge des Klimawandels nehme die Verbreitung jährlich zu. Eine Prophylaxe gegen den Schädling gebe es nicht, so Möller. Die Forstbehörde habe in diesem Jahr bislang 770 Hektar Eichenwald mit Insektiziden eingesprüht, etwa ein Fünftel der befallenen Fläche. In Potsdam sei dies nicht möglich, weil ein 100-Meter-Abstand zu bewohnten Gebieten eingehalten werden muss. Das Gesundheitsamt der Stadt rät zu erhöhter Aufmerksamkeit. Man solle sich nicht im Umfeld befallener Bäume aufhalten oder gar auf den Boden setzen. Bei einer Berührung mit Raupenhaaren sollen die betroffenen Körperteile sofort mit Wasser abgespült werden.

Fragen zum Thema beantwortet das Gesundheitsamt unter Tel.: (0331) 289 23 71 und 289 23 72.

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