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Letzter Schliff. Zahlreiche Freiwillige halfen am Samstag bei den Vorbereitungen für die Wallpurgisnacht am 30. April. Erstmals findet diese an dem unter Friedrich II. angelegten Winzerberg statt.

© Stefan Gloede

Landeshauptstadt: Die Hexen können kommen

Erstmals findet die Walpurgisnacht am königlichen Winzerberg nahe Schloss Sanssouci statt. Freiwillige bereiteten das Gelände für den Besucheransturm vor. 3 000 Glasscheiben-Paten gibt es mittlerweile

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Sanssouci – Der Hexentanzplatz am Winzerberg nahe dem Schloss Sanssouci ist fertig. Zur Vorbereitung der Walpurgisnacht am 30. April haben sich am Samstag etwa fünfzig Mitglieder des Bauvereins Winzerberg getroffen, um das Ereignis vorzubereiten. Erstmals tanzen die Hexen – eingeladen vom Autonomen Frauenzentrum – in der Nacht vor dem 1. Mai nicht auf dem Pfingstberg, sondern am Winzerberg an der Ecke Weinberg-/Schopenhauerstraße. Tausend Besucher werden erwartet.

„Mir macht es hier im Bauverein Freude“, sagte Vereinsmitglied Herbert Brun. Ihm gehört eine Baustofffirma in Babelsberg, die fast die komplette Ausrüstung gestellt hat. Aus Paletten wurden Einzelteile entwickelt, aus denen dann die fast hundert Quadratmeter große Tanzfläche zusammengesetzt werden kann.

Aufgebaut wird sie im unteren Teil des Winzerbergs. Denn die Anlage, die der Schlösserstiftung gehört und eigentlich aus Kostengründen dem Verfall überlassen werden sollte, wird derzeit von Ehrenamtlichen restauriert – unter der Regie des Bauvereins. „Wir sind schneller vorangekommen als gedacht“, sagte Vereinschef Roland Schulze. „Wir haben ein Jahr Vorsprung“. Der 55-Jährige zeigte sichtlich stolz die schon fertige Konstruktion aus Lärchenholz für die Glasfassade auf der sogenannten „B-Reihe“. Aus fünf Reihen von A bis E, jeweils 300 Meter langen Mauern, besteht die Pflanzanlage. Ab 1764 waren die Terrassen mit Wein, Äpfeln und Birnen bepflanzt. Die Glasflächen schützten die Pflanzen wie ein Gewächshaus vor der Witterung. 2012 ließ der Bauverein die ersten neuen Weinstöcke setzen. „Mein Enkel hat auch einen gepflanzt“, erzählte Unternehmer Brun. Mit einer ersten Rebenernte dürfte erst in zwei, drei Jahren zu rechnen sein. Mit „Glasscheibenpatenschaften“ kann jeder Spendenbereite zur Finanzierung beitragen. „Wir haben von den 5000 Scheiben bereits 3000 verkauft“, sagte Schulze. 30 Euro koste die Patenschaft mit dem eingravierten Namen des Spenders.

Mehr als 45 junge Leute, meist von der Fachhochschule Potsdam, haben bisher am Winzerberg ein Praktikum absolviert. Katharina Kefes aus Regensburg, die beim Arbeitseinsatz am Samstag dabei war, gehört zu diesem Kreis. Sie erzählte, dass sie nach einem „Freiwilligen Jahr Denkmalpflege“ dem Bauverein treu geblieben sei, obwohl sie inzwischen in Dresden studiert. Sie habe schöne Erinnerungen an die Praktikantenzeit. „Meister Rübe hat uns angelernt, wir durften Bauarbeiter spielen und mauern und putzen“, berichtete die Architekturstudentin. Peter Rübe, ehemals Maurermeister, ist mit 73 Jahren einer der erfahrensten Bauaktivisten. Früher war er unter anderem Lehrausbilder, heute nimmt er die Praktikanten unter seine Fittiche.

2016 soll die Restaurierung des „Weinbergs des Königs“ laut Schulze vollendet sein. Dann erscheint die Anlage wieder wie ein italienischer Weingarten, zu dem Landschaftsarchitekt Peter Joseph Lenné sie 1848 umgestaltet hat. Schulze hat allerdings noch mehr damit vor: „Wir wollen für die Kinder ein grünes Klassenzimmer schaffen – einen Schulgarten.“

Auch wenn die Walpurgisnacht im unteren Bereich des festlich beleuchteten Berges stattfinden wird, kommen interessierte Besucher am Dienstag auf ihre Kosten: Der Bauverein bietet Führungen durch die Anlage an. Diese werden auch an den verschlossenen Eingang einer Luftschutzanlage führen, die Rüstungsminister Albert Speer 1944 von Zwangsarbeitern bauen ließ. 3000 Menschen konnten bei Luftangriffen hier Schutz finden. Der unvollendete Bunker besteht aus drei bis zu 60 Meter tiefen Stollen. 1945 wurde der Eingang durch Sprengungen der sowjetischen Truppen verschüttet.

Günter Schenke

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