Potsdamer Start-up „Bier-Deluxe“: Die Hopfenhelden
Das Potsdamer Start-up „Bier-Deluxe“ vertreibt handwerklich gebraute Biere. Der Umsatz hat sich vervierfacht, nun soll eine europaweite Expansion folgen.
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Dass die Deutschen immer weniger Bier trinken, merken Erik Schnickers und seine Kollegen kaum. Der 33-Jährige hat vor vier Jahren den Online-Shop „Bier-Deluxe“ für Craft Beer, also handwerklich gebrautes Bier, eröffnet. In den vergangenen drei Jahren hat sich das Bestellvolumen des Shops vervierfacht, erzählt er. Besonders gefragt seien etwa India-Pale-Ale-Biere, also Sorten, die zu Zeiten der Kolonialisierung entstanden sind: Damit britische Soldaten in Indien auch weiterhin in den Biergenuss ihrer Heimat kommen konnten, wurde ihnen Bier aus England gesandt, das jedoch wegen des langen Versandweges mit mehr Alkohol und Hopfen versetzt wurde. Vor Verzehr sollte es mit Wasser versetzt werden, die Soldaten probierten aber erst mal ohne Zusatz – und blieben dabei.
Solchen Sorten bietet das Potsdamer Jungunternehmen eine Vertriebsplattform. Craft Beer ist eine Kombination aus Handwerkskunst und Kreativität, sagt Christoph Klischan, der Marketing-Manager bei „Bier-Deluxe“. „Durch die Industrialisierung sind viele Biersorten verloren gegangen, diese werden wiederbelebt“, sagt der 36-Jährige, der vor zweieinhalb Jahren zu dem Start-up gestoßen ist. Mehr als 300 deutsche und internationale Biere sind im Angebot, neben den India-Pale-Ale-Bieren beispielsweise Fruchtbiere, Biere mit Schokoladengeschmack oder japanische Bierspezialitäten. „Bei Craft Beer geht es um die Vielfalt. Es muss nicht immer das Pils oder das Weißbier sein“, sagt Klischan.
Die ersten Bestellungen wurden noch in der Garage verpackt
Dass das Geschäft so gut läuft, führt Klischan auf die allgemeine Entwicklung am Verbrauchermarkt zurück: „Die Kunden achten immer mehr auf gute Qualität und regionale Produkte.“ Andere Beispiele seien etwa die Bio- oder die Slow-Food-Bewegung. Und der besondere Geschmack der Biere entsteht durch besondere oder traditionelle Brauzutaten und Fermentierungsweisen.
Als „Bier-Deluxe“ online ging, standen dahinter nur die beiden Gründer Erik Schnickers und Guido Lange, die ersten Bestellungen wurden noch in der Garage von Schnickers’ Großmutter verpackt. Im Januar 2014 stieg die Investitionsbank des Landes Brandenburg bei „Bier-Deluxe“ ein, zwei Monate später zog das Unternehmen – mittlerweile auf vier Mitarbeiter angewachsen – nach Babelsberg in die August-Bebel-Straße. Heute beschäftigt „Bier-Deluxe“ zehn Mitarbeiter und ist nach eigenen Angaben der führende Onlinehändler für Craft Beer.
Im Schnitt zwei bis drei Euro pro Bier
Wer Bier bestellen will, packt meistens einzelne Flaschen in den Warenkorb, berichtet Klischan. Das günstigste Bier kostet 1,50 Euro, es gibt auch Flaschen für 24,90 Euro. „Aber im Schnitt kosten die Biere zwei bis drei Euro“, sagt Klischan. Ab zwölf Bieren erfolgt die Lieferung kostenfrei. Für neue Kunden bietet das Unternehmen spezielle Kennenlernpakete an, momentan werden auf der Seite Weihnachtspakete beworben.
Dass Verbraucher weniger Geld für Bier ausgeben und stattdessen mehr Wert auf Qualität, Sortenvielfalt und Qualität legen, zu diesem Ergebnis kam eine Studie der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) im vergangenen Jahr. So lag der Pro-Kopf-Verbrauch 1986 noch bei 147 Litern, 2014 indes bei nur noch 107 Litern.
In Ludwigsfelde verkauft Edeka die Potsdamer Biere
Die Anzahl von Mikrobrauereien hat sich hingegen verdoppelt. „In Europa ist der Anzahl von Mikrobrauereien von 2335 im Jahr 2009 auf 5054 im Jahr 2014 gestiegen“, sagt „Bier-Deluxe“-Gründer Erik Schnickers. Lokale Marken mit individuellem Geschmack kämen offensichtlich bei immer mehr Verbrauchern an, glaubt er. Ein kürzlich in Ludwigsfelde eröffneter Edeka-Markt hat bereits eine Reihe von Craft-Bieren ins Sortiment aufgenommen, die das Potsdamer Start-up liefert.
Und das Unternehmen will nun weiter expandieren. Auf der Start-up-Finanzierungsplattform Companisto will „Bier- Deluxe“ insgesamt 300 000 Euro von Fans zusammenbekommen – und hat von seinen Unterstützern bereits mehr als die Hälfte, 171 800 Euro, erhalten. Mit dem Geld soll die Internationalisierung vorangetrieben werden. „Momentan übersetzen wir unsere Internetseite ins Englische“, erklärt Klischan. Daneben sollen das Marketing erweitert und weitere Vertriebspartnerschaften geschlossen werden. Mittelfristig wollen die Potsdamer außerdem eine eigene Craft-Beer-Sorte etablieren und anbieten.
Noch schreibt „Bier-Deluxe“ keine schwarzen Zahlen. Im vergangenen Jahr lag der Umsatz des Start-ups bei 1,5 Millionen Euro, im nächsten Jahr will „Bier-Deluxe“ erstmals Gewinn erzielen. „Da sind wir auf einem guten Weg“, sagt Klischan. „Unser Ziel ist es, zum größten Marktplatz für Brauer, Händler und Endkunden für Craft Beer und Craft-Produkte in Europa zu werden.“
Craft Beer kann man auf www.bier-deluxe.de bestellen. Alle Infos zum Crowdinvesting gibt es unter www.companisto.com/bier-deluxe.
Anne-Kathrin Fischer
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