Landeshauptstadt: „Die ist echt“
Rätsel um Urkunde der Ersterwähnung Potsdams / Falsches Jubiläum gefeiert?
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Rätsel um Urkunde der Ersterwähnung Potsdams / Falsches Jubiläum gefeiert? Wer sich schon auf ein neues Jubiläum in Potsdam gefreut hat, muss enttäuscht werden. Die Urkunde aus dem Jahre 993, welche die Grundlage für die 1000-Jahr-Feier war, ist keine Fälschung. Dies bestätigte Helmut Assing gestern auf einer eigens zu diesem Zweck von der Stadtverwaltung einberufenen Pressekonferenz. Grund der Untersuchungen des Professors sind Spekulationen, nach denen der 1000-Jahr-Feier die wissenschaftliche Grundlage fehlte. Allerdings handelt es sich nicht um eine Gründungsurkunde, sondern um die Ersterwähnung Potsdams. In dieser Urkunde aus Pergament, die das Landeshauptarchiv Magdeburg aufbewahrt, schenkt Otto III. „unserer lieben Tante Mathilde“ unter anderem den Platz „Poztupimi“ in der Provinz „Havellon“. „Die Urkunde ist weder von 993, noch stammt sie von Otto III.“, meint hingegen Dietmar Franz in einer Presseveröffentlichung und vermutet, dass es sich um eine Produktion aus dem späten 12. oder frühen 13. Jahrhundert handele. Erst nach der Eroberung der Stadt Brandenburg und der Gründung des Klosters Lehnin hätten die Gebiete Potsdam und Geltow, das ebenfalls in der Urkunde erwähnt ist, im Einflussbereich des deutschen Königs gelegen. Assing meint: „Otto III. könnte am 3. Juli 993 etwas verschenkt haben, was er nicht besaß, worauf aber sein Interesse gerichtet war.“ Der deutsche König tat dies nach Einschätzung des Historikers, um das Gebiet um Potsdam dem Zugriff des polnischen Herzogs Boleslaw zu entziehen. Durch die Schenkung an seine Tante Mathilde, die Äbtissin des bedeutenden Stiftes Quedlinburg, stellte er das Territorium unter den Schutz des Papstes. Obwohl wahrscheinlich weder der König noch seine Tante die Gegend um „Poztupimi“ in Besitz nehmen konnten, ist die Urkunde ein Beweis für die Existenz des Ortes, an dem sich heute Potsdam befindet. Eine Fälschung hält Assing für ausgeschlossen und weist das an vielen Einzelheiten nach. Die Schrift sei ganz sicher echt und der Aufbau der in lateinischer Sprache verfassten Urkunde sei „kanzleimäßig“. Ebenso ergebe sich aus der Diktion kein Anhaltspunkt dafür, dass ein Fälscher am Werke war. Der Inhalt weise keine Widersprüche zu benachbarten Urkunden auf. Weil das Schriftstück für Mathilde persönlich ausgestellt sei, gebe es auch keine Zweifel an der Motivation. Außerdem kann Assing an dem Gebrauch von Vokalen nachweisen, dass ein Fälscher aus dem 11. Jahrhundert nicht in Frage komme. „Trotzdem bleiben viele Rätsel ungelöst“, sagt Helmut Assing und erwähnt, dass Potsdam als Stadt erstmals im Jahre 1304 erwähnt sei. „Vom Schriftbild her ist das aber eine Urkunde, die hundert Jahre jünger ist“, so der Professor. Die erste gesicherte Urkunde, welche den städtischen Charakter Potsdams belege, stamme aus dem Jahre 1317. Nach Meinung von Dietmar Franz in dem erwähnten Presseartikel sei diese aber ebenfalls rückdatiert. Die erste zweifelsfrei echte Erwähnung Potsdams falle ins Jahr 1345. „Statt weiterhin 250 Jahre älter sein zu wollen, könnte Potsdam 2017 eine 600-Jahr-Feier begehen“, meint Franz. Potsdam ist der äußeren Erscheinung nach eine junge Stadt. Die ältesten erhaltenen Bauwerke stammen aus dem 17. Jahrhundert. Der Zeitpunkt der Stadtrechte lässt sich wahrscheinlich nicht belegen. Günter Schenke
Günter Schenke
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