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Kleine Drachenbändiger. Mit Akrobatik wurde gestern das vietnamesische Tet-Fest in Potsdam eröffnet. Am 3. Februar hat das Jahr der Katze begonnen, das als ein ruhiges und erfolgreiches Jahr angekündigt worden ist.

© Manfred Thomas

Von Hella Dittfeld: Die Katze verspricht ein ruhiges Jahr

Potsdams Vietnamesen feierten am Sonntag ihr Neujahrsfest und blieben dabei unter sich

Stand:

Erst muss der Drache fauchen und tanzen und dem neuen Jahr den Weg bahnen. Dann darf der Tiger als Jahressymbol 2010 der Katze das Feld überlassen. In Vietnam begann das neue Jahr der Katze am 3. Februar. Im Speisesaal des brandenburgischen Innenministeriums dient am Sonntag als Schauplatz für die Nachfeier des Tet- oder Neujahrs-Festes in Potsdam.

Für die Vietnamesen aus Potsdam und Umgebung übergibt ein sehr kleiner Tiger den Stafettenstab an ein niedliches Kätzchen, denn es sind Kinder, die sich in die symbolischen Tierfiguren verwandelt haben. Der Saal ist schon bis auf wenige Plätze gefüllt und immer noch kommen neue Gäste, die das vietnamesische Neujahrsfest mitfeiern wollen. Es wird geredet, gelacht, neue Stühle müssen hereingetragen werden, zwischen die schwarzen Schöpfe der Vietnamesen hat sich auch deutsches Blond und Grau gemischt, denn zu den Gästen gehören auch Freunde und Helfer der vietnamesischen Community, die etwa 400 Personen in Potsdam zählt. Den Grußansprachen wird wie überall auf der Welt nur bedingt zugehört, aber alle wünschen sich natürlich Erfolg im Jahr der Katze, das ein ruhiges werden soll. So verspricht es das Tierkreiszeichen. Ruhiges Fahrwasser kann nach der Wirtschaftskrise, die auch die Vietnamesen gebeutelt hat, nicht schaden. Wer allerdings Familienzuwachs plant, wählt das Jahr der Katze eher nicht. „Katzen“-Kinder gelten zwar als freundlich, aber als nicht sehr durchsetzungsfähig.

Viele der Vietnamesen, die gestern feierten, sind schon als Vertragsarbeiter zu DDR-Zeiten nach Deutschland gekommen wie Xuan Hung Tran, der mit 20 Jahren hierher kam, in Weimar deutsch lernte, als Baufacharbeiter ausgebildet wurde und dann von Baustelle zu Baustelle zog. Nach der Wende wurde die Arbeit knapp und wie viele andere auch entschloss sich Tran, sein eigenes Geschäft zu betreiben. Er eröffnete im Werder-Park ein kleines Restaurant, das er mit seiner Frau und einem Koch betreibt. Inzwischen feierte es schon zehnjähriges Bestehen und Tran kennt den Geschmack seiner Stammkunden gut. Da gebe es sogar Unterschiede zwischen den Werderanern und den Potsdamern, sagt er. Auch er habe gespürt, dass in der Wirtschaftskrise das Geld stärker zusammengehalten wurde, aber das sei überstanden, hofft er.

Der Gastronom verwandelt sich zwischenzeitlich in einen Rosenkavalier, der den Tänzerinnen und Sängerinnen des Tet-Fest-Programms Blumen überreicht. Heimweh, gesteht er, habe auch er noch, aber um nach Vietnam zu fliegen, müsse erst gespart werden. Nur alle drei Jahre gehe es nach Hause.

Van Tran Thi Thai ist erst seit 2003 in Potsdam. Sie hat Arbeit in der Nagelmodellage gefunden, hat ihre beiden Kinder aus erster Ehe nachgeholt und von ihrem zweiten Mann noch ein zweijähriges Kind. Sie spricht schon recht gut Deutsch, doch der 14-jährige Sohn Son muss noch hin und wieder aushelfen. Er besucht seit der 5. Klasse das Einstein-Gymnasium in Potsdam und spricht akzentfrei deutsch.

Sind die Väter und Mütter vor allem noch in der Gastronomie, im Service, im Handel und als Änderungsschneider tätig, visiert Son schon eine andere, hochmoderne Branche an. Sein Berufswunsch heißt Informatik. Und auch die Teenager mit ihren gezupften und gegelten Frisuren am Nachbartisch sind längst in der Neuzeit angekommen.

Noch nicht zufrieden mit der Integration zeigt sich jedoch Sabine Bittrich vom Internationalen Bund (IB). Zusammen mit der Wissenschaftlerin Do Hai Ninh hat der IB einen Jugendinformationsdienst aufgebaut und eine neue Initiative gegründet, die speziell Vietnamesen helfen soll, Ansprechpartner zu finden. „Es gibt noch immer das Problem, dass einige wenige Ansprechpartner das Pensum der Hilfen kaum bewältigen können und dass die Vietnamesen auch zu sehr unter sich bleiben“, erklärt sie. Jetzt aber wird erst einmal gefeiert in fröhlicher deutsch-vietnamesischer Gemeinsamkeit.

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