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Etwas HELLA: Die königstreue Baustelle

Eigentlich wollte ich das ja gar nicht verraten, um keinen unnötigen Besucheransturm auszulösen. Aber da ich so einmalig gute Verbündete bei der Schlösserstiftung habe, lasse ich die Katze jetzt doch aus dem Sack.

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Eigentlich wollte ich das ja gar nicht verraten, um keinen unnötigen Besucheransturm auszulösen. Aber da ich so einmalig gute Verbündete bei der Schlösserstiftung habe, lasse ich die Katze jetzt doch aus dem Sack. Mein Lieblingspark ist – und das hat nichts mit dem Beinahe-Parkeintritt in Sanssouci zu tun – der Neue Garten. Englisch, weitläufig ist er und am Ende eines schönen erholsamen Spaziergangs wartet in der Meierei auch noch Speis und Trank. Ganz zu schweigen von den Badegelüsten, mehr oder weniger unmutig geduldet durch die Schlösserstiftung, denen ich dort nachgehen kann. Aber die Stiftung muss schließlich Kulturschätze hüten und hat mein vollstes Mitgefühl, wenn sie das so restriktiv wie möglich tut. Zum Glück darf der Park, weil englisch, etwas ungepflegter als Sanssouci aussehen. Und vom Marmorpalais aus konnte der König seiner Geliebten zuwinken, die nur über kurze Entfernung im Palais Lichtenau wohnte, denn damals waren die Bäume noch nicht so groß.

Damit aber dieses Juwel weiter ein nur von Eingeweihten entdecktes bleibt, hütet es die Stiftung besonders und versteckt es immer wieder hinter Baustelleneinrichtungen. Die sind natürlich historisch wertvoll und in ihrer Art auch königstreu, sonst würde die so sehr auf den Schutz des Weltkulturerbes bedachte Stiftung Preußische Schlösser und Gärten nicht schon wieder eine vor das Schloss setzen. Natürlich nur auf der Seeseite, die nur so renitente Parkbesucher sehen, die das Schloss und den See auch mal umrunden. Dass die Bewohner der Häuser auf der anderen Seeseite nur ein Schloss mit attraktiver Baustelle sehen, ist ihre eigene Schuld. Was wohnen sie da und bauen auch noch zu hohe Häuser wie ein gewisser Fernsehmoderator. Leider machen Bäume offenbar überhaupt keine Unterschiede und lassen nicht nur Palais von Geliebten hinter ihrer grünen Blattmasse verschwinden, sondern auch die Häuser von Fernsehstars.

Da ist das mit einem Fußballplatz eine ganz andere Sache. Der ruiniert natürlich das Welterbe und das Machtwort der Wissenschaftsministerin, die vor allem jugendlichen Kickern eine Chance geben will, finde ich sehr mutig. Was mein überaus geschätztes Schloss betrifft, übe ich mich schon lange in Geduld. Erst durfte ich Kanonen und Panzer am Armeemuseum bewundern, dann die ewige Baustelleneinrichtung für das Schloss selbst und nun die für die ehemalige Küche. Als das Schloss nach umfangreicher Sanierung der Öffentlichkeit übergeben wurde, hatte ich schon befürchtet, dass es nun nicht mehr mir allein gehört, denn es stand tatsächlich einige Wochen ohne Baustelle da. Aber zum Glück ist das vorbei, denn wo hätte die Baustelleneinrichtung für die Küche denn sonst hingesollt? Es gibt garantiert keinen anderen Fleck im großen weiten Park. Und sollte auch die wiederhergestellt sein, dann ist ja noch das Geländer zum See hin zu reparieren.

Außerdem finde ich es sehr werbewirksam, dass man das Marmorpalais nur noch per Führung betreten darf. Es steigert die Spannung, erst auf den Führungsbeginn zu warten und dann auch noch etwa eine Stunde sicher hübsche Erklärungen und Anekdötchen zu hören. Meine Gäste waren jedoch bockig, sie wollten dann doch lieber sofort in die Meierei zum Selbstgebrauten. Ein Prosit also auf die Baustellen und ganz besonders auf die kulturhistorisch wertvollen.

Unsere Autorin ist langjährige Redakteurin und jetzt freie Mitarbeiterin der PNN. Sie lebt in Potsdam.

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