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Landeshauptstadt: Die Kuh muss den Zaun mögen

Vorreiter im Land Brandenburg: Qualitätszertifikat für das Evangelische Krankenhaus für Geriatrie

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Innenstadt - Was soll das, Qualitätsmanagement? Kann man das nicht lassen?

Sicher, antwortete seinerzeit Edwards Deming, einer der Pioniere des Qualitätsmanagements: Denn es gibt keine Pflicht zum Überleben.

Mit dieser Anekdote verdeutlichte gestern Ralf Döhr vom Marien-Hospital Osnabrück, dass Schlamperei am Markt keine Chance hat, es setze sich nur durch, was „gut genug“ ist. Döhr hielt gestern im Potsdamer Geriatrie-Krankenhaus eine Laudatio, denn die Einrichtung hat sich als „gut genug“ erwiesen. Als erstes Fachkrankenhaus für Geriatrie in Brandenburg erhielt es das Qualitätszertifikat ISO 9001:2000 und zusätzlich das Geriatriesiegel. „Damit haben wir die Leistungsführerschaft in unserem Bundesland übernommen“, erklärte Krankenhaus-Geschäftsführer Michael Kögel.

Das ausgezeichnete Fachkrankenhaus für Altersmedizin behandelt jährlich 1500 Patienten. Zu den häufigsten Krankheitsbildern zählen operativ versorgte Knochenbrüche, Schlaganfälle, Parkinson, Herzschwäche, Diabetes mellitus und Demenz. Vollstationär verfügt das Geriatrie-Krankenhaus über 89 Betten, weitere 20 Behandlungsplätze bietet die Tagesklinik.

Um das Qualitätszertifikat zu erhalten, musste das Krankenhaus Bedingungen erfüllen. So finden regelmäßig Patientenbefragungen statt, zudem gibt es ein klar strukturiertes Beschwerde- und Fehlermanagement, informierte Wolfgang Hilke, halb Arzt, halb Qualitätsmanager in dem Krankenhaus an der Weinbergstraße. Zudem wurde ein Intranet installiert, von dem jeder der 100 Mitarbeiter Spezialliteratur, Handbücher und im Krankenhaus benötigte Formulare herunterladen kann.

Laudator Döhr warb in seiner Rede nach der erfolgten Zertifizierung, „den Druck auf dem Kessel zu halten“. Er tat dies mit einem Gedanken-Beispiel: Ein Wanderer kommt zu einem Bauernhof mit einer Milchwirtschaft. Dort herrscht Hektik. „Wir sind den ganzen Tag damit beschäftigt, die weglaufenden Kühe wieder einzufangen“, sagt der Bauer. Verblüfft fragt der Wanderer: „Warum baut ihr nicht einfach Viehzäune um eure Wiesen?“ Darauf entgegnet der Bauer: „Wir haben keine Zeit zum Zäune bauen – weil wir den ganzen Tag damit beschäftigt sind, die Kühe wieder einzufangen.“

Qualitätsmanagement ist eine Investition, so Döhr. Der Bauer wird sich abends, wenn die Kühe im Stall sind, an die Arbeit machen müssen und Zäune bauen. Doch es lohne sich, so Döhr. Wenn vier Mitarbeiter eine Stunde nach einem Röntgenbild suchen, dann ist das ein halber Arbeitstag eines Mitarbeiters, „der da vernichtet wurde“, rechnet Döhr vor. Da sollte schon darüber nachgedacht werden, wie die Röntgenaufnahme von der Radiologie ihren Weg zu den behandelnden Ärzten findet. So rief Döhr den Mitarbeitern des Geriatrie-Krankenhauses zu: „Kümmern Sie sich um den Zaun, den Sie aufgestellt haben. Und erklären Sie der Kuh, warum sie den Zaun braucht.“ Wer im Krankenhaus die Kuh ist, ließ er offen, machte aber klar, dass die Krankenhaus-Mitarbeiter „nicht Betroffene, sondern Beteiligte“ des Qualitätsmanagements sind. „Der Kuh geht es besser mit dem Zaun“, so Döhr weiter. Wenn sie das begriffen hat, könne der Zaun auch “mal kaputt sein, wenn nicht, nützt er überhaupt nichts. Döhr zufolge bedeute die Zertifizierung nicht, dass das Krankenhaus perfekt ist, es sei eben nur „gut genug“ dafür.

Weil das Geriatrie-Krankenhaus ein evangelisches ist, beendet Döhr seinen Vortrag mit einem Bibelzitat als Beleg für das erste Qualitätsmanagement in der Geschichte: „Und Gott sah alles an, was er geschaffen hatte, und sah: Es war alles sehr gut.“ Hinsehen, ob es gut ist, das ist Qualitätsmanagement. Guido Berg

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