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Papierveredlung. Klaus-Josef Oberbörsch sitzt im Kindergarten Frechdachse in Seelow an einem Papptisch, während Robin, Lena und Josefine (v.l.) falltbare Kindermöbel bemalen.

© Theo Heimann/ddp

Von Bernd Kluge: Die Kunst des duftenden Papiers

Klaus-Josef Oberbörsch versieht in seinem Unternehmen in Seelow Papier mit Gerüchen

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Seelow - In einem Raum der alten Seelower Käserei duftet es unerwarteterweise wie in einer Parfümerie. Aufgereiht stehen dort mehr als ein Dutzend unterschiedliche Duftfläschchen. Nicht jede Riechprobe verursacht allerdings das erwartete Wohlgefühl. „Oh, da müssen die Parfüm-Experten aber noch mal ran“, sagt Klaus-Josef Oberbörsch und verzieht das Gesicht. Nach Auto sollte es irgendwie schon riechen. „Aber nicht so penetrant nach Motoröl, eher so wie ein Neuwagen riecht, wenn man das erste Mal drin sitzt“, sagt der 51-jährige Geschäftsführer der Firma innova-paper-form GmbH.

Der aus dem nordrhein-westfälischen Bergisch-Gladbach stammende Forscher ist nach eigenen Angaben auf der Suche nach dem perfekten Geruch, der den Verkauf von Autos befördert. Diesen Duft will der Papiertechnologe dann in Werbeflyern oder -broschüren sowie Kalendern konservieren. Dass so etwas funktionieren kann, zeigt Oberbörsch anhand eines druckfrischen Buchs, das auf seinem Schreibtisch liegt. Im Auftrag eines Verlags, der Wellnessliteratur herausgibt, hat er den Duft einer Sommerwiese in einzelne Seiten des Buchs eingelagert. Sobald jemand darin blättert, nimmt er dies wahr. „Es ging dem Verleger darum, dem Leser ein Wohlgefühl zu verschaffen“, sagt der Papierforscher sichtlich zufrieden.

Oberbörsch kennt sich aus in Sachen Papier. Er arbeitete nach eigenen Angaben jahrelang bei einem „Nobelpapierhersteller“ seines Heimatorts, der auf Spezialanfertigungen ausgerichtet war. Bereits vor vier Jahren machte er sich selbstständig. Dazu zog er nach Berlin um, um an Verfahren zur Veredlung von Papier zu forschen. Nach Seelow verschlug es ihn vor einigen Monaten aufgrund der günstigen Konditionen für Produktionshalle und Laborräume. „Im Berliner Speckgürtel sind solche Immobilien extrem teuer, die ehemalige Käserei bietet mir ideale Bedingungen“, sagt der Neu-Seelower.

Dass er etwas von Papierveredlung versteht, hat er in Seelows Kindergärten bereits mit seiner Serie faltbarer Kindermöbel unter Beweis gestellt. Gemeinsam mit einem Wellpapierhersteller entwickelte er Stuhl, Tisch und Hocker aus Pappe, jeweils bis zu einem Gewicht von 200 Kilogramm belastbar, und stellte sie den fünf Kitas der Kreisstadt von Märkisch-Oderland zu Testzwecken zur Verfügung. Die Möbel, die mit einem Spezialpapier beschichtet sind, sollen die Kreativität von Kindern befördern. Sie können bemalt, bestrichen oder beklebt werden.

„Die Sachen sind bei unseren Mädchen und Jungen super angekommen. Sie hatten viel Spaß beim Dekorieren“, sagt die Leiterin der Kita „Seelower Frechdachse“, Elke Kicinski. Toll an den Möbeln sei auch, dass sie leicht seien und daher von den Kindern getragen werden könnten. Wenn sie nicht gebraucht würden, könne man sie zudem einfach zusammenfalten, berichtet Kicinski. Ab November sollen die Kinder-Pappmöbel zum Verkauf angeboten werden.

Noch „Zukunftsmusik“ sind Oberbörschs Forschungen zur Papierherstellung aus alternativen Stoffen. Erste, seinen Angaben zufolge vielversprechende Tests machte er mit Spargelschalen, Grasschnitt und Lindenblüten.

Vorerst konzentriert sich der 51-Jährige allerdings auf sein duftendes Papier. „Der Duft im Papier darf nicht penetrant, sondern nur dezent sein, damit er dem Konsumenten nicht über wird“, sagt Oberbörsch. Dafür setzt er der Papierveredlung ätherische Öle zu. Wie genau, das sei eben die Kunst. „In sogenannten Streichmaschinen wird das Papier beschreibbar gemacht, die Streichfarbe umfasst die unterschiedlichsten Komponenten“, berichtet der Unternehmer, der vier Mitarbeiter hat und zunächst mit vier Standarddüften arbeiten will.

Dazu zählen eine „Meeresbrise“ für Reisekataloge, der Holz-Duft für die Möbelbranche und der Neuwagen-Geruch, der je nach Automarke etwas abgeändert werden soll, um den Wiedererkennungswert beim Kunden zu erhöhen. „Einen geeigneten Duft zu entwickeln, ist eine langwierige Sache – zumal er in Papier wieder ganz anders riecht“, sagt der Unternehmer, der nach eigenen Angaben in den geschäftlichen Neuanfang bisher rund 300 000 Euro „Erspartes und Leihgaben von Geschäftsfreunden“ investierte.

Bernd Kluge

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