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Landeshauptstadt: Die Kunst des Regierens

Warum ein Landtagsbau am Alten Markt nicht ohne die Skulpturen des Stadtschlosses auskommt

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Die „Kunst des Regierens“ war das übergreifende Thema des bildhauerischen Schmucks, der dem Potsdamer Stadtschloss Würde und Reiz verlieh. Dies erläuterte Saskia Hüneke, Kustodin der Skulpturensammlung der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, am Mittwochabend im Vortrag der „Stadtschloss“- Reihe des Hauses der Brandenburgisch- Preußischen Geschichte. Zwischen Herkules als Symbol der Macht und Minerva als Sinnbild der Weisheit und Hüterin des Rechts spannt sich der Bogen der Symbolik schon für das unter Friedrich I. 1701 fertiggestellte, nach Sprengung in der DDR-Zeit wiederaufgebaute Fortuna- Portal und vor allem am Schloss, das durch Knobelsdorff für König Friedrich II. umgestaltet und erweitert wurde. Hüneke erläuterte diese Erkenntnis eingehend am „Friedensopfer“, dem von Johann Gottlieb Heymüller für den westlichen Kopfbau geschaffenen Relief. Herkules erscheint nicht als Kriegsheld, sondern nach dem Gewinn der ewige Jugend spendenden Äpfel der Hesperiden, die Allegorie der Nacht behütet den Schlaf zweier Kinder, ein Priester bringt auf dem Altar das Friedensopfer dar Alles Symbole, die „auf das Gedeihen des Landes, das Leben der Menschen hindeuten“.

Das Relief ist eines jener Kunstwerke, das den Bombenangriff vom 14. April 1945 überstand und vor dem Abriss der Schlossruine 1960 rechtzeitig geborgen werden konnte. Gleich ihm haben sich mehrere tausend andere Baufragmente, darunter zahlreiche Skulpturen, Kartuschen und Säulen, erhalten und könnten beim Bau eines neuen Landtagsgebäudes in der Kubatur und unter Wiederherstellung der Außenfassaden eingesetzt werden. Dies ist aus Sicht von Saskia Hüneke ein Muss, schon wegen ihres inhaltlichen Programms, denn was täte dem Land Brandenburg besser als eine kluge und gute Regierung! Zudem besaß der bildhauerische Schmuck für die eher strengen Schlossfassaden „strukturbildenden Charakter“. Saskia Hüneke bedauerte, dass die Frage der Fassadengestaltung nicht rechtzeitig vor den Abstimmungen in der Stadtverordnetenversammlung und der nun eingeleiteten Bürgerbefragung auf einer Fachtagung geklärt worden ist. Viele, die ihr Votum abgeben, wüssten nicht einmal genau, wie das Schloss ausgesehen habe.

Die Feststellung rief im Publikum rege Resonanz hervor. Kritisiert wurde, dass die von einem Architekturbüro vorgelegte Machbarkeitsstudie der Öffentlichkeit nicht zugänglich gemacht worden, sondern weitgehend hinter verschlossenen Türen verhandelt worden sei. Ein Kenner der Studie erklärte, sie sehe ein nüchternes Verwaltungsgebäude mit „Allerweltsfassade“ vor. Damit würde Potsdam den ersten wirklichen „Speerbau“ erhalten, meinte er doppelsinnig.

Die Diskussion entzündete sich auch an der in der Befragung genannten Variante eines Landtagsbaus an der Stelle des ehemaligen Palastes Barberini. Der Neubau werde nicht nur das Palastgrundstück beanspruchen, sondern sich wie ein Riegel am Ufer der Alten Fahrt entlang ziehen, hieß es. Damit drohe ein zweites „Bahnhofscenter“.Erhart Hohenstein

Erhart Hohenstein

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