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Landeshauptstadt: Die Menschen hinterm Automaten Mario Banasiak und Olaf Krohn sortieren Flaschen

Zehn- bis zwölftausend Flaschen schlucken die beiden roten Automaten täglich. „Flaschenboden zuerst“ fordern die Geräte in der Leergutanahme des Supermarktes „Real“ im Stern-Center.

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Zehn- bis zwölftausend Flaschen schlucken die beiden roten Automaten täglich. „Flaschenboden zuerst“ fordern die Geräte in der Leergutanahme des Supermarktes „Real“ im Stern-Center. Automatisch funktioniert die Leergutannahme allerdings nur auf den ersten Blick. Denn in dem Raum, in den die Flaschen und Kästen per Fließband verschwinden, arbeiten - für die Einkäufer unsichtbar - Menschen. Sechs bis sieben pro Woche, sagt Geschäftsstellenleiter Sascha Dahle.

Mario Banasiak ist einer von ihnen. Seit knapp einem Jahr sortiert er Flaschen und Gläser in die entsprechenden Kästen und Behälter. Es ist sein erster Job seit der Erkrankung, die ihn zum „Schwerbehinderten“ gemacht hat. Denn der 32- Jährige hat kranke Nieren: Viermal in der Woche muss er deshalb zur Dialyse. Fünf bis sechs Stunden dauert die Blutreinigungs-Prozedur, die er in einer ambulanten Praxis am Neuen Garten vornehmen lässt. Die Arzttermine regelt er jede Woche - je nachdem, ob der Früh- oder Spätschicht arbeitet.

„Lieber so, als wenn ich den Job nicht hätte“, findet der Potsdamer. Zwei Jahre lang war der gelernte Maurer, der unter anderem als Zeitsoldat und LKW-Fahrer gearbeitet hatte, zuhause. „Alles verlierst du“, beschreibt er seine damalige Situation, „alles geht nach unten“. Die Arbeit sei wichtig für das Selbstwertgefühl.

Bei der Arbeitssuche geholfen hat ihm Imke Janßen vom Integrationsfachdienst (IFD). Der Beratungsdienst für Arbeitgeber und behinderte Menschen in der Tuchmacherstraße arbeitet in Trägerschaft der Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. für das Integrationsamt des Landes Brandenburg. 74 Menschen mit schwerer Behinderung hat das Potsdamer Team, das auch für das Umland zuständig ist, im vergangenen Jahr erfolgreich vermittelt, so Janßen. Der IFD hilft dem zukünftigen Arbeitgeber unter anderem bei der Beantragung von Lohnzuschüssen, dem Arbeitnehmer bei der Einarbeitung.

Der Supermarkt im Stern-Center hat bei Janßen einen „guten Ruf“. Die Zusammenarbeit klappe „sang- und klanglos, ohne großes Theater“. Bereits 2005 vermittelte Janßen Olaf Krohn dorthin. Der gelernte Schlosser hat nur noch eine Niere. Eine Arbeit in Kälte oder Nässe kommt für den 42-Jährigen deshalb nicht in Frage. Auf Bewerbungen, die er nach seiner Erkrankung geschrieben hat, habe er „nicht mal Antwort bekommen“, erinnert sich der Potsdamer. Tatsächlich dauere es manchmal „lange, bis man den Menschen die Angst nimmt“, sagt Imke Janßen vom IFD über die Zusammenarbeit mit Arbeitgebern. Dabei stelle sie sich nicht einseitig auf die Seite des Schwerbehinderten, betont sie.

Für Supermarktchef Dahle sind die behinderten Mitarbeiter eine Selbstverständlichkeit. Mancher Angestellte erkranke schließlich auch erst im Arbeitsleben und werde dann zum Behinderten: „Er ist ein genauso wertvoller Mensch wie jeder gesunde“, ist Dahle überzeugt. Krohn und Banasiak hätten einfach auf die Stellen gepasst. Krohn ist mit seiner Beschäftigung hinter dem Flaschenschlucker jedenfalls zufrieden: „Die Kollegen sind auch alle nett.“ Jana Haase

Infos zum IFD unter Tel. (0331) 27 57 90

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