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Botschafter. Viktoria zeigt Gustavo aus Brasilien ihre Stadt.

© Andreas Klaer

Landeshauptstadt: Die Multi-Kulti-Bande

Verein fördert Schüleraustausch in Potsdam

Von Eva Schmid

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In wenigen Wochen wird Potsdam ein bisschen internationaler: Die Gäste kommen aus Australien, Asien und Lateinamerika, denn im Winter ist das Schuljahr auf der Südhalbkugel bereits zu Ende. Eine gute Möglichkeit für die Schüler, auf weite Reise zu gehen. Unterstützt werden sie dabei vom internationalen Verein für Jugendaustausch AFS. Für fünf bis sechs Schüler wird das Ziel Ende Februar dann Potsdam sein.

„Ich will hier gar nicht mehr weg“, erzählt der 17-jährige Gustavo aus Brasilien. Er ist bei einer Gastfamilie in Falkensee untergekommen. An den Wochenenden trifft er sich in Potsdam mit Viktoria, seiner Betreuerin. Die 17-jährige Schülerin des Einstein-Gymnasiums war vor einem Jahr selbst zum Austausch in Panama. Der Verein versucht den Gastschülern Betreuer an die Seite zu stellen, die sich in der Herkunftsregion der Gäste auskennen. Viktoria versteht genau, was Gustavo vermisst und was ihm Probleme bereitet. „Es ist komisch, dass man in Deutschland nachmittags Unterricht hat“, sagt Gustavo. In Lateinamerika wird nach sechs Unterrichtstunden Siesta gehalten. Auch das Essen ist für den Brasilianer aus Florianopolis gewöhnungsbedürftig: „Die Deutschen und ihr Brot - das gibt es wirklich jeden Tag, morgens, mittags und abends“, stöhnt er. Doch gleichzeitig erlebt er auch viele tolle Momente. Trotz der Kälte, die Gustavo mit Skiunterwäsche und mehreren Jacken übersteht, freute er sich über den Schnee. „Ich hab noch nie Schnee gesehen und war mit meiner Gastfamilie schon Skifahren.“

Den Skiurlaub hat Gustavo von seinem Taschengeld gezahlt. Die Gastfamilie sei nur für Kost und Logis zuständig, erklärt die Koordinatorin des Potsdamer AFS-Komitees Flora Scheffler. Sie müsse sich aber um einen Platz an einer nahegelegenen Schule kümmern. „Das ist in Potsdam nicht einfach, weil viele Schulen voll sind“, erklärt Scheffler. In Potsdam arbeitet der Verein seit Mitte der 90er - Jahre mit dem Helmholtz- und Humboldtgymnasium sowie der Voltaire - und der Waldorfschule zusammen.

Gustavo, der vor seinem Austausch kein Deutsch konnte, wurde beim Deutschlernen von seiner Gastmutter unterstützt. „Am Anfang sprach ich mit meiner Familie und in der Schule nur Denglisch“. Zu seiner Ersatzfamilie zählt er auch die weiteren fünf Gastschüler aus Amerika, China und Russland, die zur Zeit in Potsdam leben. „Für Heimweh habe ich gar keine Zeit“. Jeden Tag lerne er etwas dazu - seitdem er in Deutschland ist, sei er viel pünktlicher und ordentlicher geworden. „Wenn das meine Mutter wüsste“, grinst er.

Bei Problemen ist Viktoria seine erste Ansprechpartnerin. „Ich musste Gustavo zum Beispiel erklären, dass die Menschen im Bus nicht auf ihn böse sind“, erinnert sich Viktoria. Deutsche würden im Winter generell so grimmig schauen. Auch Potsdamer Schüler sind neugierig auf die große weite Welt: „Dieses Jahr werden wir zwölf Schüler nach Indien, Ägypten, Italien, in die USA und auf die Philippinen entsenden“, so die Koordinatorin Scheffler. Potsdam könne hingegen nur fünf bis acht Schüler aufnehmen. Das liege daran, dass es bisher noch nicht so viele Gastfamilien gebe, die bereit seien, einen Jugendlichen im Alter zwischen 14 und 18 Jahren aufzunehmen. Für die internationalen Gäste sucht der AFS noch dringend Familien. „Man sollte neugierig und offen sein und etwas Zeit haben“, fasst Scheffler die Voraussetzungen, die eine Gastfamilie mitbringen müsse zusammen. Erfahrungsgemäß profitieren beide Seiten dann von einem „interkulturellen Lernprozess“. Eva Schmid

Familien, die einen Gastschüler aufnehmen wollen, oder Schüler, die ins Ausland möchten, finden weitere Informationen unter www.afs.de.

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