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Bei der Sonntagsvorlesung am vergangenen Wochenende im Alten Rathaus ging es diesmal um alles, um alles was ist, um die Gesamtheit aller Dinge. „Das Universum: Elegant, schön oder grotesk?
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Bei der Sonntagsvorlesung am vergangenen Wochenende im Alten Rathaus ging es diesmal um alles, um alles was ist, um die Gesamtheit aller Dinge. „Das Universum: Elegant, schön oder grotesk?“, fragte der wissenschaftliche Direktor des Astrophysikalischen Instituts in Potsdam (AIP), Prof. Dr. Matthias Steinmetz, im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Potsdamer Köpfe“. Weit, sehr weit musste er dafür ausholen, bis an den Ursprung alles Seins. „Ein Drama in fünf Akten“ nannte er seinen Vortrag, der mit der Geburt der modernen Kosmologie begann, als Albert Einstein mit der Feldgleichung seiner Allgemeinen Relativitätstheorie das ganze Universum in eine Zeile packte: Masse krümmt den Raum, weiß seither jedes Schulkind. Und der gekrümmte Raum schreibt der Masse vor, wie sie sich bewegen soll. „Deshalb fliegen Sie auch über Grönland in die USA, und nicht geradeaus“, erklärte Steinmetz.
Doch als Einstein seine Gleichung aufstellte, galt das Universum noch als statisch und homogen. „Das hätte bedeutet, dass ich immer genau das gleiche sehe. Egal in welche Richtung ich schaue“, so Steinmetz. Dabei wusste man doch schon seit Isaac Newton, dass die Wirkung der Schwerkraft mit dem Quadrat der Entfernung schwindet, weil sie sich gleichmäßig im Raum verteilt. Das heißt: Im gleichen Maße, wie das Volumen des Universums zunimmt, „verdünnt“ sich seine Schwerkraft. Ganz logisch also, dass es nicht statisch sein kann, sondern sich ausdehnen muss. Das sei genau wie beim Licht und ein rein räumliches Gesetz. Als dann wenige Jahre später der russische Physiker Alexander Friedmann tatsächlich das Modell eines sich ausdehnendes Universums entwickelte, habe Einstein seine Theorie als größte Eselei seines Lebens gesehen.
Doch ein Universum, das sich ausdehnt, muss irgendwann einmal kleiner gewesen sein. Das ganze Universum entstammt einem einzigen Punkt, diesem Urknall, der gar kein Knall war. Würde es sich vielleicht wieder zusammenziehen und damit kollabieren? „Die Frage ist, wie viel Masse darf das Universum haben, bevor es in sich zusammenfällt“, sagte Steinmetz. Doch wie wiegt man etwas, dass unendlich ist? „Es ist eine Art kosmische Volkszählung“, erklärte der Forscher: Die bekannte leuchtende Masse, wie Galaxien und Sterne, werden mit der dunklen Materie, die sich uns nicht durch irgendwelche Strahlen zeigt und weitestgehend unbekannt ist, geschätzt und zusammengerechnet. Das beruhigende Ergebnis: Das Universum wird nicht kollabieren, sondern sich unendlich ausdehnen. „Und in den nächsten zehn Jahren sollte diese dunkle Materie, dieses Nichts, nachweisbar sein", hoffte Matthias Steinmetz.
Das Universum erklärt in 60 Minuten. Klar und elegant. Dabei ist es alles andere: „Das Universum ist eher grotesk – aber immerhin, es funktioniert."Marion Schulz
Marion Schulz
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