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Singen und reimen. Die Kinder vom Kinderhaus Fridolin üben vor der Premiere noch mal die Lieder mit ihrem Erzieher. Henry Sawade ist auch Vorsitzender des Fidl e.V.

© Johanna Bergmann

Kinderhaus Fridolin Potsdam: Die Prinzessin pupst

Im Kinderhaus Fridolin wird viel gesungen. Jetzt haben die Kinder sogar eine CD mit eigenen Liedern aufgenommen.

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Was für ein Wort, so herrlich ungehörig, aber es will doch gesagt werden, es hüpft geradezu von selbst aus dem Mund der Kinder, da kann man nichts dagegen tun – wie gegen diese Sache, die es beschreibt. Pupsen. „Und dann stinkt es ein bisschen“, sagt jemand und alle lachen. Die Kinder der Papageien-Gruppe im Potsdamer Fidl-Kinderhaus Fridolin haben sich intensiver damit beschäftigt und darüber sogar ein Lied geschrieben. „Pupsprinzessin Annelise“ ist eines von zehn Stücken, die die Kinder zusammen mit ihrem Erzieher Henry Sawade schrieben und sogar für eine CD aufnahmen. Die wird nun bei einer ordentlichen Record-Release-Party am morgigen Samstagnachmittag der Öffentlichkeit präsentiert. Alle sind eingeladen, sich „Neues von der Pupsprinzessin und vom Kugelblitz“ anzuhören.

Am gestrigen Donnerstag wird noch mal geübt. Henry Sawade ist einer von den Erziehern, die noch ein Musikinstrument spielen und singen können und nicht immer gleich eine CD einlegen – es sei denn, es ist die eigene. Er holt also die Gitarre raus, die Kinder singen, manchmal kommt ein Solo oder stehen alle auf, gestikulieren, hopsen und tanzen – alles klappt bestens. Singen und Musikmachen spielen eine große Rolle in ihrer Kita.

„Wir singen fast jeden Tag mit Henry“, sagt ein Kind. Sawade sagt, es ist wichtig, schon im Kitaalter ein Gespür für Rhythmus und Sprache zu entwickeln. Für die Liedtexte haben die Kinder beispielsweise zusammen in einer Art Brainstorming Reime gesucht. Musikalische Früherziehung gehöre in den Kindergarten. Dass manche Kitas dafür kostenpflichtige Musikschulen anheuern, findet Henry Sawade bedauerlich: „Kitaplätze sind doch schon teuer genug.“

Die Kinder beschäftigt meistens ganz was anderes. In ihren Liedern geht es um ihre kleinen und großen Probleme: In „Die giftige Dusela“ wird über ekliges Essen gesungen. „Das darfst du nicht“ ist ein schmissiger Rapsong über die Welt der Großen, die immer alles verbieten wollen. Es gibt auch lyrische Lieder, zum Beispiel über den Apfel, der auf einem Kuchen landet – oder die wunderbaren Sterne am Nachthimmel.

Gut eineinhalb Jahre waren sie mit Komponieren und der CD-Produktion beschäftigt. All das ist eingebettet in das große Thema Medien. Es kann nicht schaden, findet Sawade, rechtzeitig darüber Bescheid zu wissen. Die Kinder wissen schon längst, was ein Tablet-Computer ist, ein Handy, ein Mikrofon. Sie haben aber auch mit einfachen Kameras ihre eigene Kita fotografiert und freuen sich, dass sie jetzt in die Zeitung kommen. Auch wenn sie – bis auf zwei Erstklässler – in der altersgemischten Gruppe noch gar nicht lesen können.

Wie man eine CD herstellt, wissen sie jetzt auch. Die „Papageien“ haben dafür aus dem Turnraum ein Tonstudio gemacht. Die Potsdamer Musiker Andy Schulte am Keyboard, Gerrit Hartmann-Engel mit Gitarre und der Saxofonist Ralf Benschu unterstützten die Sänger. Die Herstellungskosten wurden allein durch Spenden gedeckt, Monopol-Records kümmerte sich um die Abwicklung. Das Booklet und das Cover haben die Kinder selber gestaltet. Ab Mitte Februar wird das Album regulär im Handel erhältlich sein.

Die Live-Uraufführung für alle, die schon vorher reinhören wollen, findet im Vitanas Senioren-Centrum „Am Volkspark“ statt. Die Kooperation zwischen Kita und Seniorenheim begann mit dessen Grundsteinlegung vor knapp zwei Jahren. Seitdem wird der Kontakt gepflegt, immer wieder sind die Kinder bei „ihren Senioren“ zu Gast. Für die Bewohner sind die Kinderbesuche eine schöne Abwechslung, ein Grund, mal das eigene Zimmer zu verlassen, sich zu bewegen, aktiv zu sein.

Auch die Kinder profitieren davon. „Es gibt kaum noch Großfamilien mit Oma oder Opa zu Hause“, sagt Sawade. Viele Kinder aus zugezogenen Familien haben ihre Großeltern sogar in einer anderen Stadt und sehen sie nur selten. Aber das Altern gehört nun mal zum Leben dazu, sagt der Erzieher. Er findet es wichtig, dass die Kinder erleben, wie es ist, wenn man nicht mehr so gut laufen kann und einen Rollator benutzen muss. „Es geht auch darum, Empathie und Sensibilisierung zu entwickeln“, sagt Sawade.

Die Kinder sind den Senioren gegenüber sehr offen, beide Seiten finden schnell zueinander. Und als die Kinder feststellten, dass es im Heim einen „Opa“ mit Namen Fritz gibt und bei ihnen in der Kita ebenfalls einen Jungen mit diesem Namen, wurde gleich ein Lied über „Fritz“ geschrieben. Der ist ein ziemlicher Rabauke. Aber: „Jeder mag dich!“

Das kann „Prinzessin Annelise“ so nicht behaupten, oft ist sie allein. Und so ist das Pupsen für die traurige Prinzessin eine Wohltat in doppelter Hinsicht. Als niemand mit ihr spielt, nutzt sie den friedlichen Moment auf einer Wiese, ungestört – und grinsend – eben dieses zu tun. Herrlich.

Party mit Kinderbüfett, Disko und CD-Verkauf am morgigen Samstag ab 14 Uhr im Vitanas Senioren-Centrum, Johannes-Lepsius-Straße 31

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