
© Manfred Thomas
Von Jan Brunzlow: Die Rollen sind klassisch verteilt
Politiker fordern mehr Gleichstellung / Frauen arbeiten auch in Potsdam seltener in Führungspositionen
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Der Spruch bereitet ihnen Kopfzerbrechen: „Frauen, die so gut sein wollen wie Männer, haben einfach keinen Ehrgeiz.“ Der Satz klemmt gedruckt auf einem weißen Band an einer Rose, sein Urheber ist unbekannt. Überreicht wurde der Spruch gestern samt Rose von Dietmar Woidke an Ärztinnen und Schwestern im Klinikum. Der SPD-Fraktionschef im Landtag war im Krankenhaus unterwegs, um sich am Internationalen Frauentag, dem 8. März, für die Leistung der Frauen in ihrem Beruf zu bedanken. Die Reaktion: Danke, aber „nicht ehrgeizig genug“ klinge negativ, sagte eine der Krankenschwestern zu ihm.
Das Potsdamer Klinikum ist ein Spiegelbild der Gesellschaft in Sachen Berufswahl und Bezahlung. Allein im Potsdamer Klinikum sind 750 der 880 Mitarbeiter der Krankenpflege Frauen. Auch bei den Ärzten haben die Frauen statistisch gesehen die Nase noch vorn, 200 der 390 Ärzte sind Ärztinnen. Doch danach, im Gehalt mehrere Stufen höher, spiegelt sich die Gesellschaft wider: 15 von 72 Oberärzten und nur drei von 23 Chefärzten sind Frauen. Ein Trend in der Bundesrepublik, dass Frauen in Führungsetagen seltener anzutreffen sind.
Es habe sich bei der Gleichstellung von Frauen und Männern in den letzten 100 Jahren viel getan, vor allem durch das Engagement von Frauen, erklärte Anita Tack (Linke) gestern. In ihrem Ministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz haben gestern alle weiblichen Angestellten einen Blumengruß erhalten. „Wir sind zwar auf dem richtigen Weg, aber längst noch nicht auf der Zielgerade“, erklärte die Ministerin. Dies gelte für Beruf, Familie und gesellschaftliche Arbeit.
Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist ein Thema, bei dem auch Klara Geywitz noch Entwicklungspotenzial sieht. Die SPD-Landtagsabgeordnete hat gestern gemeinsam mit dem Potsdamer SPD- Chef Mike Schubert auf der Brandenburger Straße Blumen verteilt – und sie hat dabei die unterschiedliche „Entlohnung von Männer- und Frauentätigkeiten“ kritisiert. Nicht allein die statistische Gehaltsungerechtigkeit von fast 24 Prozent Unterschied bei der Bezahlung müssten geschlossen werden, sie werbe auch für ein Aufbrechen der klassischen Geschlechterrollen in Berufen und wünsche sich mehr Frauen in Männerberufen. Die Liste der beliebtesten Frauenberufe in Potsdam: An erster Stelle Büroangestellte, es folgen Gesundheitsdienst und Verkäuferin. Das liege auch an der Struktur in Potsdam, der Verwaltungsstadt, heißt es dazu aus dem Arbeitsamt.
Seine Visitenkarte in Form einer Rose hat Hans-Jürgen Scharfenberg von den Linken im Jahr der Oberbürgermeisterwahl im Potsdamer Rathaus hinterlassen. Er ging durch die Büros und verteilte Blumen an die Frauen – selbst an die Sekretärin des Oberbürgermeisters. Auch in der Verwaltung sind die Frauen in der Überzahl, allerdings nur bis zur Bereichsleiterebene: Darüber, bei den Fachbereichsleitern, sitzen 14 Männer und zehn Frauen.
Gehaltsfragen haben die Frauen bei einer PNN-Blitzumfrage auf der Straße gestern ungern beantwortet. Allerdings hat die Hälfte der befragten Frauen gesagt, sich im Job benachteiligt zu fühlen – sei es bei den Karrierechancen als auch in finanziellen Fragen. Und was die Statistik nicht belegen kann, lässt sie doch erahnen: Es sind in Potsdam viel mehr Frauen als Männer in sozialversicherungspflichtigen Jobs, viel weniger arbeitslos und seltener sind sie finanziell abhängig vom Sozial- oder Arbeitsamt. Ein Polster fürs Alter? Nicht genug, denn bei den über 65-Jährigen beziehen in Potsdam deutlich mehr Frauen als Männer staatliche Hilfe.
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