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Landeshauptstadt: Die „Sixtinische Madonna“ und das Kinderbett

Ganz persönliche Geschichten zur Garnisonkirche erzählten Potsdamer im „Erzähl-Café“ in der Nagelkreuzkapelle

Von Sarah Kugler

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Ein großelterliches Erbstück, eine verrückte Hochzeit und ein gerettetes Kinderbett. Die Geschichten, die am vergangenen Samstag im „Erzähl-Café“ in der Nagelkreuzkapelle erzählt wurden, waren meist von sehr persönlicher Natur. In der knapp zwei Stunden langen Veranstaltung erzählten neun Potsdamer Geschichten, die sie mit dem Ort, der alten Garnisonkirche oder der Stadt Potsdam allgemein verbinden. Anschließend gab es die Möglichkeit, sich über das Gehörte auszutauschen.

Von einem Bild, das ihn seit seiner Kindheit begleitete und das er indirekt in der Ausstellung zur Garnisonkirche wiederentdeckte, erzählte beispielsweise Eduard Eylert. Darauf abgebildet ist der frühneuzeitliche Bischof Friedrich Rulemann Eylert, der ab 1806 Hofprediger an der Garnisonkirche in Potsdam war und 1818 zum Bischof ernannt wurde. Er war Seelsorger von Friedrich Wilhelm III. und Königin Luise und erlangte große Bedeutung durch die diplomatische Durchsetzung einer einheitlichen Liturgie der preußischen Landeskirche. „Er war mein vierfacher Großonkel“, so Eduard Eylert. „Das Bild hing seit ich denken kann bei meinen Großeltern an der Wand und ist mehrmals mit ihnen umgezogen.“ In dem letzten von den Großeltern bezogenen Haus in Potsdam lebt Eylert nun selbst mit seiner Frau und hält das Bild weiterhin in Ehren. „Als ich dann die Ausstellung zur Garnisonkirche hier in der Kapelle besuchte, war ich sehr berührt, als ich auf einer Tafel den Hinweis auf meinen Vorfahren entdeckte“, so Eylert. So sei er ganz persönlich mit diesem Ort hier verbunden.

Von Verbundenheit erzählte auch die Geschichte von Hans Georg Heydebreck, die von Angelika Weller-Eylert vorgelesen wurde. Sie berichtet von der Hochzeit seiner Schwester, die am 11. April 1945, drei Tage vor dem Bombenangriff durch die britische Royal Air Force, in der Garnisonkirche stattfand. Damals fiel die Kutsche des Brautpaares wegen einer Pferdekolik aus und Heydebreck musste Schwester und Schwager in einem mit Holzgas betriebenem Auto zur Kirche fahren. Trotz wiederholten Fliegeralarms und der damit verbundenen Flucht der Hochzeitsgesellschaft in den Keller sei es ein fröhlicher Tag mit Sonnenschein gewesen, die drei Tage später eintreffende Tragödie, der Bombenangriff, bei dem auch zum großen Teil die Garnisonkirche zerstört wurde, nicht absehbar.

Von einer persönlichen Erinnerung der ganz anderen Art erzählte der Babelsberger Georg Maus. Auch hier drehte sich alles um ein Bild, nämlich das berühmte Gemälde der „Sixtinischen Madonna“ von Raffael, welches früher über dem Kinderbett der Familie gehangen hatte. Als Potsdam in der Nacht vom 14. zum 15. April 1945 bombardiert wurde, blieb dieses Kinderbettchen trotz der teilweisen Zerstörung der Mausschen Wohnung in einem Stück. Während des Angriffs habe seine ältere Schwester wohl inbrünstig zu der Gottesmutter Maria gebetet, dass sie ihre Familie, sie selbst und das Bettchen retten sollte. Dieses Bild sei es, das Maus bis heute nicht loslasse und an Wunder glauben lasse. „Mit dieser Geschichte möchte ich auch ausdrücken, wie wichtig es ist, Frieden und Freiheit unseren Kindern vorzuleben“, sagte er. „Wir müssen als Vorbild gegen Krieg und verantwortungslose Militärs eintreten.“

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