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Zwei Frauen, eine Stadt: Die Potsdamerin Anna-Maria Prinz veröffentlichte im vergangenen Jahr ihr erstes Buch. Wer Potsdam kennt, wird es darin ohne Zweifel wiedererkennen. Die Protagonistinnen wohnen am Heiligen See oder im Holländischen Viertel und lassen sich von einem bekannten Friseur die Haare machen.

© Andreas Klaer

Landeshauptstadt: Die Spaziergängerinnen von Potsdam

„Rosenpsychosen“ ist der Debüt-Roman von Anna-Maria Prinz: über zwei Frauen und ihre gemeinsame Heimatstadt

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Wer Anna-Maria Prinz das erste Mal begegnet, dem geht es wie der Psychotherapeuthin Helene aus Prinz’ erstem Roman: Man ist überrascht von der Fröhlichkeit der Frau, dem steten Strahlen auf ihrem Gesicht. Während die Roman-Therapeutin in dem Lächeln der Roman-Klientin allerdings eine aufgesetzte Fratze entdeckt, ist bei der Autorin Prinz nach eigener Aussage alles echt: „Ich bin unbedingt ein fröhlicher Mensch“, sagt sie.

Dabei gibt es viele Ähnlichkeiten zwischen Autorin und Romanfigur Marie. „Der Roman, das ist meine Geschichte“, sagt Anna-Maria Prinz – bei heißem Kakao in einem kleinen Café am Bassinplatz. „Das kannte ich gar nicht“, sagte sie beim Eintreten, obwohl die Berlinerin seit zehn Jahren in Potsdam wohnt und ihr Debüt-Roman in dieser Stadt spielt. Fast kann man den Figuren folgen: vom Villenviertel am Heiligen See durch das Holländische Viertel, an der Peter-und-Paul-Kirche vorbei über Bassinplatz und Fußgängerzone in die Lindenstraße.

Ein Jahr lang schrieb Anna-Maria Prinz an „Rosenpsychosen“ (erschienen 2013 bei dtv, 8,95 €), mit roten Rosenblüten auf dem Cover. „Das Buch ist natürlich in der Frauenecke gelandet, was ein bisschen schade ist, denn auch Männer können den Roman gut lesen“, sagt die Autorin. Außerdem kommen die Rosenpsychosen ihrer Heldin Marie nicht von ungefähr: Nach einer gescheiterten Ehe ist diese in einer neuen Beziehung angekommen. Dort ist die Mutter zweier kleiner Kinder jedoch auch nicht glücklich. Eine tiefe Traurigkeit liegt auf ihr und sie funktioniert nur noch. Das allerdings brillant, mit ihrem Dauerlächeln als Schutzfunktion. Ihr Mann schickt sie schließlich zur Psychotherapeutin Helene.

Anna-Maria Prinz entschied sich, im Buch beide Frauen abwechselnd aus ihren Perspektiven zu Wort kommen zu lassen – und schuf damit auch eine literarische Hommage an die Frau, die so anders ist als ihre Klientin, im Roman als auch in der Realität.

Und die sowohl Marie als auch Anna-Maria Prinz geholfen hat. „Heute geht es mir gut“, sagt sie. „Ich habe meiner Therapeutin auch ein Exemplar geschickt.“ Die kommt im Buch zuerst gar nicht gut weg: eine Teetrinkerin mit unrasierten Beinen, in Kartoffelsack-Kleid und Birkenstockschuhen. Die sieht sich mit ihrer aufgetakelten Klientin in Größe 34 konfrontiert – „ein gut gelauntes Püppchen“, das sie unmöglich ernst nehmen kann.

Das Gefühl allerdings beruht auf Gegenseitigkeit. Die beiden so völlig unterschiedlichen Frauen können zunächst gar nichts mit sich anfangen. Das ändert sich im Laufe des Buchs, beide beginnen, über sich nachzudenken und kommen einander näher. Die eine legt ihre fetten Klunker und diversen Phobien ab, die andere geht zum Intimwaxing. Am Ende tragen sie beide dieselbe Haarfarbe, von „Haare by Hendryk“ – die Ähnlichkeit zu lebenden Personen hier nicht zufällig und unmissverständlich – , betrinken sich gemeinsam in der Gaugin Bar, die in der Realität Van Gogh Bar heißt, und könnten durchaus Freundinnen werden.

Was ein bisschen nach Rosamunde Pilcher klingt, ist jedoch mit einer gehörigen Portion Humor, Witz und weiblicher Frechheit geschrieben. Und es wird viele Frauen geben, die sich dort auf der einen oder anderen Seite wiederfinden. Neben dem Unterhaltungswert würde Anna-Maria Fritz gern Mut machen, sich auf eine Therapie einzulassen. „Ich habe aber ohne pädagogische Absichten geschrieben“, sagt sie. Ihre Botschaft an alle Frauen: „Ihr müsst nicht alles ertragen, vor allem nicht klaglos, das ist nicht gut.“

Als junges Mädchen schrieb Anna-Maria Prinz vor allem Briefe; mit dem Roman begann sie, als sie als Komparsin für einen Filmdreh arbeitete. Die absurde Situation in einer alten Klinik in Wannsee, das Warten, das Posen, das schlechte Essen, beschreibt sie gleich am Anfang des Romans. Dieses Einstiegskapitel zeigte sie damals dem Regisseur, der sie ermutigte, weiterzumachen. Da habe sich eine Schilderung ihrer Therapie-Erlebnisse natürlich angeboten. „Ich ziehe meine Kreativität meist aus schlechten Zeiten, aus Krisen“, sagt die 42-Jährige. Sie bemühe sich dabei aber, genau das nicht allzu ernst zu nehmen. „Es war das größte Kompliment für mich, als jemand sagte, ich hätte die Traurigkeit des Buchs in Leichtigkeit verwandelt“, sagt sie.

Mittlerweile schreibt sie an der Fortsetzung des Stoffs, der Verlag habe bereits Interesse bekundet. Und sie steht zu ihren ganz persönlichen kleinen Macken, von denen sie die eine oder andere mit der Buch-Heldin Marie teilt, beispielsweise das Bedürfnis, ihre Umwelt aufgeräumt oder zumindest nach einem klaren System geordnet zu gestalten. Potsdamerin ist sie nach zehn Jahren immer noch gern, auch wenn es hier zu wenig Ausgehmöglichkeiten nach ihrem Geschmack gibt. Dafür habe Potsdam den Park Sanssouci, wo sie täglich spazieren geht oder auf dem Rad hakenschlagend den Parkwächtern ausweicht. „Parkeintritt geht natürlich gar nicht,“ sagt Frau Prinz leicht entrüstet.

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