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Landeshauptstadt: „Die spinnen, die Römer“

Lateinunterricht in der Schule: Die tote Sprache überlebt im Klassenzimmer / Erstplatzierte am Gymnasium Hermannswerder

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„Veni – Vidi – Vici“. Damit sind die meisten Leute mit ihrem Latein am Ende. Nicht so die 7L des Evangelischen Gymnasiums Hermannswerder. Mit ihrem ebenso betitelten Theaterstück belegten die Schüler der Leistungs- und Begabungsklasse dieses Jahr beim Bundeswettbewerb Fremdsprachen den ersten Platz in Englisch und Latein. Zudem erhielten sie den Sonderpreis des brandenburgischen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck.

Auf Hermannswerder wird die Sprache von der sechsten bis zur 13. Klasse angeboten. Viele andere Potsdamer Schulen messen dem Latein jedoch weniger Bedeutung bei. Die Frage nach der Sinnhaftigkeit des Lateinunterrichts an Schulen ist eine schwierige und findet unterschiedliche Antworten. Die einen wettern gegen eine nutzlose, der Vergangenheit angehörende Sprache, die zu lernen nur der Bildung eines Elitebewusstseins dient. Die anderen finden Spaß an der vertrackten Grammatik und verweisen auf den großen Bildungswert der Mutter der modernen europäischen Sprachen. „Mit Latein ist es wie mit Mathematik“, meint Justin Schimmerohn, Abiturient auf Hermannswerder und langjähriger Lateinschüler. „Die Grundlagen sind wertvoll und können einem im Alltag so manches Mal weiterhelfen. Doch ab einem gewissen Grad bringt der Unterricht nur noch denen etwas, die das Thema später für den Beruf brauchen“, meint Schimmerohn. Das sind im Fall von Latein nicht allzu viele.

In den meisten Fällen ist der oberste Zweck des Lernens das Latinum, offizieller Nachweis für den kompetenten Umgang mit der Sprache. Der 19-jährige Potsdamer hat sein Latinum bereits mit dem Abschluss der Sekundarstufe I erworben. An vielen anderen Schulen ist das jedoch erst zum Abitur möglich. Vier Jahre Unterricht sind in Brandenburg für den Abschluss vonnöten, drei Jahre wenn man eine zusätzliche Prüfung in Kauf nimmt. Das Einstein-, das Helmholtz- und das Leibniz-Gymnasium bieten Latein ab der neunten Klasse, das Humboldt-Gymnasium schon ab der sechsten.

Die Bestimmungen zum Latinum sind von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. In Bayern, Berlin, Brandenburg, Hessen und Sachsen gibt es nur noch das gewöhnliche Latinum. In anderen Bundesländern gibt es zudem noch das kleine Latinum, das große Latinum oder beides.

Zurzeit erlebt Latein in Deutschland eine Renaissance. Über 800 000 Schüler erlernen die Fremdsprache an allgemeinbildenden Schulen, zwischen 2001 und 2007 wuchs die Zahl um 30,7 Prozent, wie das Statistische Bundesamt berichtet. Jedoch geht dies häufig auf Kosten einer lebendigen, gesprochenen Sprache wie Französisch oder Spanisch. Für das Studium wird das Latinum nur noch in seltenen Fällen gebraucht. Sehr wenige Universitäten setzen den Abschluss für Jura oder Medizin voraus, lediglich bei altphilologischen Studiengängen und öfter auch bei Fächern wie Alte Geschichte oder Alte Kulturen werden teilweise Lateinkenntnisse verlangt.

Die eigentliche Stärke des Lateinunterrichts liegt wohl darin, dass er einen authentischen und wertvollen Einblick in die Wiege der europäischen Kultur liefern kann. Und Fakt ist, dass Schüler wie die der 7L des Hermannswerder-Gymnasiums offensichtlich noch immer Spaß daran haben, die antike Sprache zum Leben zu erwecken. Florian Eyert

Florian Eyert

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