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Michael Hirte und seine Mundharmonika: Damit ist der arbeitslose Potsdamer innerhalb kurzer Zeit berühmt geworden. Früher war er oft im Musikhaus Potsdam. Die frühere Inhaberin erinnert sich noch heute: Er war anders als viele unserer Musiker-Kunden.

© dpa

Landeshauptstadt: Die Spur zur Mundharmonika

Supertalent Michael Hirte kommt nicht zu Hartz-IV-Behörde / Sieger-Instrument aus Musikhaus Potsdam

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Zehn Uhr am Freitagvormittag, Horstweg 102-108. Der Geschäftsführer der Potsdamer Arbeitsgemeinschaft zur Grundsicherung Arbeitssuchender wartet vergebens auf seinen derzeit wohl berühmtesten Klienten: Michael Hirte kommt nicht. Das Supertalent 2008. „Wir sind gerade auf dem Weg von Köln nach Düsseldorf“, richtet sein Manager Ronny Meister aus. Unentschuldigtes Fehlen bei der Paga – das könnte Ärger geben. Muss es aber nicht. Schließlich ist Hirte vielbeschäftigt, er arbeitet. Am Freitagabend soll er bei der Musikshow „The Dome“ in Düsseldorf auftreten, die heute Abend ausgestrahlt wird.

Sein Terminplan – von RTL vorgegeben – ist straff. Interviewtermine wechseln sich ab mit Mundharmonika-Übungen und Auftritten, die Nächte verbringt er anstatt in Kartzow in Hotels. „Wann er nach Potsdam kommt, ist noch nicht geklärt. Er soll zwar demnächst mal einen freien Tag bekommen. Wann der aber ist, kann noch niemand sagen“, so Meister gegenüber den PNN. Und Paga-Chef Thomann kann seinen berühmtesten Kunden – wohl bald Ex-Klienten – noch nicht zu seinem Erfolg beglückwünschen.

Seit Freitag liegt seine CD „Der Mann mit der Mundharmonika“ in den Läden. Schon vor der Veröffentlichung belegte das Album Spitzenplätze bei Amazon im Internet. Der Potsdamer wird mit der ostdeutschen Kultband „Die Puhdys“ am Neujahrstag in der Berliner Eventhalle am Ostbahnhof auftreten.

Dabei stand Hirte früher ehrfürchtig vor gestandenen Musikerkollegen. Im Musikhaus Potsdam in der Breiten Straße fanden oft Musiksessions mit bekannten und unbekannten Künstlern statt, sagte Sabine Einicke, Musikerin und Astrologin beim lokalen Stadtfernsehen Potsdam TV. Einicke hatte gemeinsam mit ihrem Bruder Michael Kunczak das Geschäft nach der Wende übernommen. „Er stand immer neben den Musikern und schaute staunend zu“, erzählt Einicke, die sich noch gut an den Straßenmusiker aus Kartzow erinnern kann. „Er war anders als viele unserer Musiker-Kunden.“ Viele Musiker hätten selbst den Besuch im Geschäft als Bühne genutzt. „Micha hingegen stand bei seinem ersten Besuch an der Vitrine am Eingang und bestaunte stumm die dort ausgestellten Mundharmonikas“, so Einicke. Irgendwann wickelte er aus vielen Tüchern seinen „Schatz“: Eine Weltmeister-Mundharmonika. „Das war ein echtes Markenprodukt, es spielt sich nur etwas schwer“, wusste Einicke zu berichten. Hirte wurde zum Stammkunden des Musikhauses. Kunczak, der just zur gleichen Zeit mit dem Mundharmonikaspiel begann, war bereits damals begeistert von Hirtes Mundharmonika-Spiel. „Es war unglaublich, Micha war Autodidakt, aber er spielte geradezu klassisch Mundharmonika.“ Seine neuesten Stücke spielte Hirte stets den beiden einstigen Musikhaus-Inhabern vor. „Er hatte ja nie viel Geld und nahm sich immer genau vor, welche Mundharmonika er als nächstes kaufen will.“ Ein gutes Dutzend Mundharmonikas, meist von der Marke Hohner, beschaffte sich Hirte bei Sabine Einicke und Michael Kunczak. Und auch die Sieger-Mundharmonika, so vermutet Einicke, ist mit Sicherheit aus dem Potsdamer Geschäft. Kay Grimmer

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