SCHÖNBOHM meint: Die stillen Arbeiter
Am 19. Juli konnte man in den Potsdamer Neuesten Nachrichten auf einer Seite zwei Berichte lesen, die eigentlich nichts miteinander zu tun hatten.
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Am 19. Juli konnte man in den Potsdamer Neuesten Nachrichten auf einer Seite zwei Berichte lesen, die eigentlich nichts miteinander zu tun hatten. Nur eines war gemeinsam: Bei beiden ging es um Menschen, die immer bereit sind, wenn man sie braucht. Es ging zum einen um die Verunreinigung des Wassers mit gesundheitsschädigenden Folgen und zum anderen um das erneute Entschärfen von Blindgängern.
Viele von uns – besonders die Familien mit schulpflichtigen Kindern – sind im Urlaub, aber von den Mitarbeitern des öffentlichen Dienstes wird selbstverständlich erwartet, dass sie verfügbar sind, falls unvorhergesehene Gefährdungen für die Öffentlichkeit auftreten. Jedoch sind – wie bei der Verunreinigung des Trinkwassers – diese Gefahren erst später erkennbar. Verständlicherweise erwartet jeder jedoch eine umgehende Reaktion und alle erforderlichen Maßnahmen zur Schadensminimierung. Glücklicherweise haben die Mitarbeiter der Gesundheitsbehörden in kurzer Zeit die Verursacher gefunden, es gibt wieder Trinkwasser aus dem Hahn und die Bombe ist entschärft.
Oft erregen sich die Bürger über eine unangemessene Bürokratie und beschimpfen die Beamten oder Angestellten – sicher gibt es auch dort wie überall Auswüchse. Aber ist nicht auch beruhigend zu wissen, dass wir dank unserer funktionierenden öffentlichen Verwaltung ohne Sorge Wasser aus dem Hahn trinken, Speiseeis ungestraft genießen oder Tomaten risikolos verzehren können?
Gesundheitsgefährdungen durch möglicherweise fehlerhaftes Verhalten der Produzenten oder Anbieter werden schnell durch ein dichtes Kontrollnetz von den Experten festgestellt. Die aus dem Urlaub gut Erholten (möglicher weise mit verdorbenem Magen), gehen davon aus, ihr Domizil unversehrt vorzufinden, um wieder in den gewohnten Alltag einzutauchen. Nur blitzartig erscheinen Horrorvorstellungen: Überschwemmungen im Keller, Einbruch, Brandschaden
Sobald das vertraute Zuhause betreten ist, fallen die schwarzen Gedanken weg. Denken wir dann aber an diejenigen, die mit dafür gesorgt haben, dass wir alles wie erhofft wieder vorfinden? Betrachten wir möglicherweise mit einem verdorbenen Magen heimkehrend die deutsche Bürokratie doch mit einem anderen Blickwinkel? Seien wir dankbar und vielleicht gelingt es uns ja auch, unsere „Blindgänger“ zu entschärfen.
Unser Autor Jörg Schönbohm ist ehemaliger Innenminister des Landes Brandenburg, Senator in Berlin, General a.D. der Bundeswehr und Ehrenvorsitzender der CDU Brandenburg. Er lebt in Kleinmachnow.
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