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Landeshauptstadt: Die Stimme machts

Die Schauspielerin Katarina Tomaschewsky spricht Samantha in „Sex and the city“

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Es ist doch nur eine Stimme. Aber das lässt Katarina Tomaschewsky nicht gelten. Spricht sie von dieser Stimme, sagt sie „schauspielern“. Es ist ja nicht so, dass Katarina Tomaschewsky ihre Stimme einfach nur verleiht. Sie gibt ihre Stimme. Und das ist ein großer Unterschied.

Gerade ist Katarina Tomaschewskys Stimme wieder in vielen Ohren. Vorwiegend in den Ohren von Frauen. Die Potsdamerin Katarina Tomaschewsky spricht Samantha Jones im Kinofilm „Sex and the city“. Genau die Samantha, die in Sachen Sex nie ein Blatt vor den Mund nimmt. Spricht diese Frau von ihrem Lieblingsspielzeug, dem Mann, und das an ihm so hoch geschätzte Lieblingskörperteil, gibt es keine Grenzen. Ihr Motto: „Ich brauche keinen Mann. Und wenn doch, dann bitte nackt und mit einem großen Schwanz.“ Selbstironisch und mit selbstverständlichster Kaltschnäuzigkeit bringt sie Penisgröße, Sperma-Geschmack, Sexspielzeuge und -praktiken aufs Tableau, dass es ihren drei Freundinnen Carrie, Charlotte und Miranda oft die Sprache verschlägt. Die Damen vor dem Fernseher der erfolgreichen Serie „Sex and the city“ und nun beim gleichnamigen Kinofilm dagegen kreischen vor Vergnügen. Endlich mal eine, die redet, wie es ihrem Mundwerk passt.

Für Katarina Tomaschewsky war das lose Mundwerk von Samantha nie ein Problem. Im Gegenteil, sie hatte immer viel Spaß mit Samantha. „Diese Figur hat einen sehr starken Charakter. Ich habe schnell gemerkt, dass ich da genau drauf liege“, sagt Katarina Tomaschewsky. Es braucht einen kurzen Moment um zu verstehen, was sie damit meint, draufzuliegen. Sie macht sich den Charakter der Samantha zu eigen, schlüpft mit ihrer Stimme hinein in diese Rolle. Und genau das ist es, was den Unterschied ausmacht zwischen seine Stimme zu geben oder einfach nur zu verleihen.

Vor zehn Jahren sprach Katarina Tomaschewsky zum ersten Mal die Samantha. Ihre Stimme war schon von anderen Produktionen her bekannt. Katarina Tomaschewsky wurde zu einem Stimmen- Casting eingeladen. „Die gibt es wirklich“, sagt sie auf die verwunderten Blicke ihres Gegenübers. Schnell wurde deutlich, dass sie dem Original der Schauspielerin Kim Cattrall in der Rolle der Samantha sehr nahe kam. Und schon mit der ersten Serie wurde für Katarina Tomaschewsky klar, mit was für einem Kaliber sie es da zu tun haben würde.

„Die erste Folge einer solchen Serie macht schnell deutlich, welche der Figuren welche Rolle spielt, welchen Charakter sie hat.“ Samantha ließ gleich ein paar zotige Sprüche und Katarina Tomaschewsky war begeistert. Sechs Staffeln von „Sex and the city“ hat sie dann Samantha ihre Stimme gegeben, sechs Jahre für mehrere Wochen die Probleme über Liebe und Sex mit den vier New Yorker Frauen geteilt. Im Jahr 2004 kam die letzte Staffel ins deutsche Fernsehen. Danach war Schluss. Katarina Tomaschewsky, obwohl sie Samantha mittlerweile ins Herz geschlossen hatte, nahm es gelassen.

„Ich habe die Zeit mit ihr genossen. Aber wenn Schluss ist, ist Schluss.“ Ein guter Schauspieler muss die Fähigkeit besitzen, in einer Rolle mit Haut und Haaren bis zur Erschöpfung aufzugehen. Er muss aber auch die Fähigkeit besitzen, wenn die Rolle zum letzten Mal gespielt wurde, sie auch einfach und ohne große Gefühle hinter sich zu lassen. Katarina Tomaschewsky hat sich natürlich gefreut, als sie erfuhr, das „Sex and the city“ in die Kinos kommen würde und sie somit noch einmal die Samantha sprechen würde. Sie hat die Rolle einfach reaktiviert. Und als sie danach das Tonstudio verlassen hat, empfand sie keinen Abschiedsschmerz. Vielleicht gibt es ja noch einen zweiten Film. Und wenn nicht? Katarina Tomaschewsky zuckt nur kurz mit den Schultern. Dann soll es nicht sein.

Diese Routine hat Katarina Tomaschewsky vor allem am Hans Otto Theater gelernt. Frisch von der Schauspielschule „Ernst Busch“ in Berlin kam sie 1972 ans Theater in Potsdam. Ihre erste Rolle war die 20-jährige Kindergärtnerin Charly in Plenzdorfs „Die neuen Leiden des jungen W.“. Katarina Tomaschewsky spricht mit Begeisterung, wenn sie sich daran erinnert. Der Schauspieler in der Rolle des Edgar Wibeau in Jeans und mit langen Haaren, aus den Boxen Musik von Pink Floyd. Die sonst so rigide und auf Kontrolle und Verbot bedachte Kulturpolitik in der DDR hatte hier ein Schlupfloch gelassen, in das sich die Schauspieler stürzten. Für Katarina Tomaschewsky ein perfektes Debüt.

Dass sie Schauspielerin werden wollte, stand für Katarina Tomaschewsky schon früh fest. „Entweder man entscheidet sich dafür, was die Eltern machen oder dagegen.“ Sie hat sich dafür entschieden und ist in die Fußstapfen ihrer Mutter Gisela Morgen und ihres Vaters Joachim Tomaschewsky, beide bekannte Schauspieler, getreten. Sie nahm von klein auf am Theaterleben teil, verbrachte viel Zeit bei den Proben ihrer Eltern. Dieser Rhythmus und die mit dem Theater verbundene Faszination sind auf sie übergegangen und wurden zu etwas Selbstverständlichem. Hätte sie sich für etwas anderes entschieden, ihr hätte einfach zu viel gefehlt.

„Ich habe immer gern Theater gespielt“, sagt Katarina Tomaschewsky. 20 Jahre stand sie im Hans Otto Theater auf der Bühne, hat selbstverständlich Schiller, Shakespeare und die anderen Großen gespielt. Daneben hat sie für das Fernsehen gedreht, war in „Polizeiruf 110“ und „Der Staatsanwalt hat das Wort“ zu sehen, die bekanntesten Krimireihen in der DDR, vergleichbar mit dem „Tatort“. Aber auch synchronisiert hat Katarina Tomaschewsky damals schon. 1991 verließ sie dann das Hans Otto Theater.

„Es war Zeit für einen Neuanfang“, sagt sie. Später fügt sie hinzu, dass sie mit dem Theater abgeschlossen habe. Es klingt nicht wehmütig. Katarina Tomaschewsky hat an den Theaterhäusern eine Entwicklung beobachtet, die ihr immer weniger gefällt. Zu sehr wird auf Effekte, auf Geschrei und splitternackte Tatsachen gesetzt. Die Arbeit mit dem Text, das tiefe Eindringen in die Rolle, das auch soziale und gesellschaftliche Hintergründe berücksichtigt, sind ihr einfach am Wichtigsten. Sie spricht vom „sozialen Gestus einer Rolle“. Weg von der Oberfläche, ganz tief hinein in die Seele der Figur.

„Der Schritt in die Selbstständigkeit war natürlich ein Risiko, aber gleichzeitig bedeutet er auch ein hohes Maß an Freiheit.“ Katarina Tomaschewsky hat diesen Schritt nicht bereut. Ihre Stimme ist oft zu hören, in verschiedenen Spielfilmen und Fernsehserien. Dann überlegt sie kurz und sagt, man solle sie jetzt nicht falsch verstehen, das habe nichts mit Nostalgie zu tun. „Aber eine Rolle wie die Samantha, das ist schon einmalig.“

Dirk Becker

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