Der historische Jagdstern in Potsdam: Die Suche nach dem Froschkönig
Der Jagdstern wurde als „Denkmal des Monats“ ausgezeichnet. Für das Kastellanhaus ist weiterhin kein Investor in Sicht, das Jagdschloss kann nur sporadisch öffnen.
Stand:
Potsdam - Für die Anwohner des Plattenbauviertels Am Stern ist er ein Rückzugsort, für den ganzen Stadtteil namensgebend: der historische Jagdstern. 16 sternförmig im Waldgebiet angelegte Schneisen führen auf das Ensemble aus Jagdschloss Kastellanhaus zu. Früher erholte sich hier der Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. von seinen Jagdausflügen, doch heute sind die Häuser die Sorgenkinder der Schlösserstiftung. Weil im Jagdschloss ein giftiges Holzschutzmittel verwendet wurde, kann es nur sporadisch öffnen, das benachbarte Kastellanhaus, zu DDR-Zeiten beliebtes Ausflugslokal, steht seit mehr als 20 Jahren leer.
Nun rückt der Jagdstern wieder in den Fokus: Am Samstag wurde das Ensemble von der Arbeitsgemeinschaft „Städte mit historischen Stadtkernen des Landes Brandenburg“ – ein Dachverband von insgesamt 31 Kommunen – als „Denkmal des Monats“ ausgezeichnet. Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) nahm die Urkunde am Samstag persönlich entgegen – und gab sie gleich wieder weiter.
Neuer Besitzer der Urkunde ist jetzt der Förderverein Jagdschloss Stern-Parforceheide, der im Auftrag der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten (SPSG) den Jagdstern instand hält. Jakobs dankte der Initiative für die geleistete ehrenamtliche Arbeit. Der Förderverein sei es schließlich auch gewesen, der die Stadt auf den Jagdstern aufmerksam gemacht habe. Denn vor acht Jahren konnte der kommunale Sanierungsträger Stadtkontor den Jagdstern nebst Außenanlagen mithilfe von Fördermitteln aus dem Programm „Soziale Stadt“ nach historischem Vorbild rekonstruieren.
Das im Stil eines holländischen Bürgerhauses errichtete Jagdschloss kann nach wie vor nur sporadisch geöffnet werden. Wie berichtet ist das Schloss mit dem gesundheitsgefährdenden Holzschutzmittel Hylotox belastet. Weil auch die wertvolle Wandvertäfelung damit getränkt ist, kann es nicht entfernt werden, ohne die Kunstwerke zu beschädigen. Durch regelmäßiges Lüften kann das kleinste Schloss der Schlösserstiftung daher nur an fünf bis acht Tagen im Jahr geöffnet werden. Zusätzlich zu den Führungen – an denen im letzten Jahr über 900 Besucher teilnahmen – finden außerdem Lesungen und Vorträge statt, sagte Fördervereinschefin Margit Burdack. Am Samstag gab es im Garten des benachbarten Kastellanhauses sogar ein Jazz-Konzert.
Im Kastellanhaus wohnte unter Friedrich Wilhelm I. dem Gebäudenamen entsprechend der Kastellan, eine Art Hausmeister. Er war mit der Aufsicht über das Jagdschloss beauftragt, wenn der König nicht zugegen war. Also quasi das ganze Jahr über. Denn Friedrich Wilhelm I. nutzte das Anwesen nur nach Parforcejagden, die laut Burdack jeweils um Pfingsten herum stattgefunden haben müssen. Friedrich Wilhelms Nachfolger Friedrich II. hingegen war kein leidenschaftlicher Jäger und nutzte das Jagdschloss daher nicht. Der Kastellan, der von Anfang an eine Ausschankgenehmigung besaß, begann das Kastellanhaus fortan als Wirtshaus zu betreiben. Ausgeschenkt wurde hier noch bis kurz nach der Wende, 1992 wurde die Gaststätte geschlossen.
Seitdem steht das Kastellanhaus leer, seitdem wird vergeblich einem Investor gesucht, um die 670 000 Euro teure Sanierung stemmen zu können. „Wir suchen noch nach dem Frosch, der geküsst werden muss“, sagte Hartmut Dorgerloh, Generaldirektor der SPSG, am Samstag bei der Übergabe der Auszeichnung in Anspielung auf das Grimmsche Märchen „Der Froschkönig“. Eine Nutzung als Lokal ist laut Schlösserstiftung wieder denkbar und wird auch vom Jagdschloss-Förderverein unterstützt. Weil der Denkmalschutz nötigen Umbauten entgegensteht, ist das aber schwierig. Daher habe man inzwischen auch andere Nutzungskonzepte ins Auge gefasst, sagte Burdack den PNN. Vorstellbar seien etwa Ausstellungsräume, Vereinsräume oder auch eine Anlaufstelle für Flüchtlinge, denen man beispielsweise Sprachkurse im Kastellanhaus anbieten könnte. Damit würde das Haus auch in Tradition seines Erbauers weitergenutzt, da Friedrich Wilhelm I. ebenfalls großen Wert auf die Integration ausländischer Mitbürger gelegt habe.
Mit Spendengeldern wieder aufgebaut werden konnte bereits vor drei Jahren ein Lehmbackofen neben dem Kastellanhaus. Unter anderem hatten damals die Landesinvestitionsbank ILB und die Mittelbrandenburgische Sparkasse Geld beigesteuert, 27 000 Euro hatte die Rekonstruktion des Ofens gekostet. Jährlich werden bei drei Veranstaltungen so 300 bis 450 Brote gebacken, die Burdack zufolge immer schnell vergriffen sind.
Neben dem Kastellanhaus liege der Fokus derzeit darauf, sanitäre Anlagen zu schaffen, erklärte die Fördervereinsvorsitzende. Bisher gibt es für Gäste und Mitarbeiter nur eine Dixi-Toilette, im ehemaligen zum Schloss gehörigen Schafstall wolle man künftig fest installierte Sanitäranlagen und Sozialräume realisieren. Für die Umsetzung von Vorschlägen, die Architektur-Studenten im Rahmen einer Ausstellung erarbeiteten, wie den Wiederaufbau des zum Ensemble gehörenden Pavillons fehle dem Förderverein derzeit das Geld. Der verwunschene Froschkönig fehlt auch hier.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: