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Landeshauptstadt: Die Tasche für die Komfortzone
Helmholtz-Schüler haben eine Umhängetasche samt Sitzkissen entworfen
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Es ist die letzte Probe vor dem nächsten großen Auftritt. „Also, Laptop und Beamer in Schwung bringen“, ruft Lehrerin Andrea Glende zwei Schülern ihres Kurses Wirtschaftswissenschaften am Mittwochmorgen zu. Während andere noch mit ihrem Taschenrechner Zinslasten bei Krediten berechnen, bauen Simon Knopp und Noah Rassuli die Geräte auf, um die Power-Point-Präsentation noch einmal ihren Mitschülern vorzuführen. Sie und vier andere Elftklässler bilden das Team, das am heutigen Dienstag im Regionalwettbewerb Business@school in Berlin auftreten wird. Den schulinternen Entscheid haben sie Ende April bereits gewonnen, nun wollen sie eine Jury aus Geschäftsführern namhafter Unternehmen überzeugen, dass ihre BiBag das beste Produkt ist.
Rund 90 Schulen nehmen an dem Wettbewerb Business@school teil. Die Helmholtz-Schule ist seit sieben Jahren dabei, fünf Jahre lang war sie die einzige Brandenburger Schule, inzwischen macht noch eine andere mit. Wer heute gewinnt, darf ins Finale nach München. Bislang sei ihre Schule immer Zweite geworden, sagt Andrea Glende. Aber wer weiß, vielleicht schafft es ja das Team diesmal, die Jury so zu begeistern, dass ihre BiBag es bis zur Marktreife schafft und eines Tages verkauft wird.
Die Idee ist so schlicht wie umwerfend: Eine Umhängetasche mit einem Stoffüberzug, der per Reißverschluss von der Tasche abgetrennt werden kann, haben sich die sechs Helmhöltzer ausgedacht. Bei Bedarf lässt sich der Stoffüberzug mit Schaumstoffkern abgetrennen, aufblasen und als eigenes Kissen umfunktionieren. Man kann sich draufsetzen – im Park, auf der Wiese – oder es auf Reisen in den Nacken legen. „Mit dem Namen BiBag wollten wir hervorheben, dass die Tasche eine Doppelfunktion hat“, sagt Teamleiter Joscha Strauss.
Simon und Noah erläutern die Tasche probeweise ihren Mitschülern, die die Rolle der Jury einnehmen sollen. Mit Berlin Tourismus hätten sie telefoniert, erzählen sie, schließlich ließe sich die Tasche gut über die Tourismusbranche vermarkten und BiBag klingt nach dem Slogan der Hauptstadt, BeBerlin. Außerdem wollen sie einen Designwettbewerb ausschreiben. Kunst- und Designstudenten sollen das Logo entwerfen.
Die Produktion will das Team outsourcen, über Hochglanz-Magazine ließe sich Werbung betreiben, vertreiben sollen die BiBag Onlinehändler wie Amazon. Von einem Anbieter von Multifunktionstaschen haben sie sich beraten lassen, „um den komplizierten Markt zu verstehen“, wie Joshua erklärt. Außerdem hätten sie Unterstützung von ihrer Tutorin Kristin Wolf, Senior-Geschäftsanalystin der Deutschen Bahn AG, erhalten. In langen Exceltabellen haben die Schüler ihren Businessplan erstellt, mit Renditeerwartungen, Kostenanalysen, unterschiedlichen Erfolgsszenarien und Planungen über die ersten Geschäftsmonate: „Verkaufsstart könnte im nächsten Jahr im Mai sein, rechtzeitig für die konjunkturstarke Sommersaison“, sagt Simon.
1998 hat die Unternehmensberatung The Boston Consulting Group (BCG) den Wettbewerb Business@school hat ins Leben gerufen. Bundesweit beteiligen sich den Angaben zufolge jährlich mehr als 2000 Schüler der Sekundarstufe, um sich mit Wirtschaftsthemen praxisnah zu beschäftigen. Auch Lehrerin Andrea Glende bestätigt: „Das Tolle ist die Praxisverbundenheit. Das kriegt man nicht aus einem Lehrbuch.“
Am Helmholtz-Gymnasium ist der Wettbewerb inzwischen Teil des Schulalltags. Ein ganzes Schuljahr lang läuft das Projekt. „Das macht den Schülern ganz viel Spaß“, sagt Glende. Inzwischen sei der Andrang so groß, dass sie die vielen Bewerber gar nicht alle annehmen könnten und eine Vorauswahl treffen müssten.
Für ihr BiBag hat das Team um Joscha Strauss auch eine Umfrage gemacht, am Berliner Hauptbahnhof haben sie Passanten befragt, ob sie die BiBag nutzen würden. Bei der Auswertung haben sie analysiert, dass die Gruppe der über 50-Jährigen nicht Zielgruppe sein wird. „Weil die sich nicht mehr auf den Rasen setzen wollen“, sagt Inka Hahn. Das sollten sie vor der Jury so nicht sagen, rät Lehrerin Glende. Schließlich seien manche der Mitglieder auch nicht viel jünger. „Da gibt es für die BiBag noch Expansionsvolumen“, verbessert Noah Rassuli. Das klingt schon überzeugender. Grit Weirauch
Grit Weirauch
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