
© M. Thomas
MANEGE FREI: Die Taubenflüsterin
Die Zirkuskünstlerin Christin Weisheit gibt Schülern einen Einblick in das Leben in der Manege
Stand:
Gleich mehrere Potsdamer Schulen haben derzeit Zirkusprojekte auf dem Stundenplan. Neben der Eisenhart-Grundschule und dem dazugehörigen Froebel-Hort „Sonnenschein“ hat auch die Regenbogen-Grundschule im Ortsteil Fahrland einen Teil der Zirkusfamilie Sperlich zu Gast. Der Projektcircus ist auch während der kommenden 14 Tage in Potsdam und „unterrichtet“ in der Neuen Grundschule in Babelsberg. An der Goethe-Gesamtschule ist der Zirkus „Rolando“ zu Gast. Am Samstag gibt es um 11 Uhr eine öffentliche Show im Zelt an der Großbeerenstraße. KG
Sieben Tauben „hören“ auf sie. Und dutzende Kinder staunen, was Christin Weisheit mit den Vögeln anstellt. Mehr noch, die 21-jährige Artistin lehrt Kinder, solche und ähnliche Kunststücke mit den sieben gefiederten Auftrittspartnern aufzuführen. Die Thüringerin ist Mitarbeiterin im 1. Ostdeutschen Projektcircus. Der steht derzeit auf dem Gelände des Treffpunktes Freizeit. „An der Eisenhart- Grundschule, die uns gebucht haben, war kein Platz“, erklärt Zirkusdirektor André Sperlich.
Das 20 Meter breite, zwei Meter hohe Zelt braucht Platz, nicht zuletzt auch dafür, dass Christin Weisheits Tauben fliegen können. Aber auch, um die rund 280 Kinder zu beherbergen, die innerhalb von zwei Tagen zu Nachwuchsartisten ausgebildet werden. Wer nicht Tauben-Dompteur werden möchte, kann sich auch in einer Schlangen-Dressur ausprobieren. Akrobatik, Trapez- und Feuer-Fakirnummern oder die klassische Clownerie. Doch Willy, Henriette und Alicia von der Eisenhart- Grundschule und dem Froebel-Hort „Sonnenschein“ haben sich unter Christin Weisheits Fittiche begeben, um sich in die Geheimnisse der Tauben-Dressur einweihen zu lassen. „Tauben sind schwierig, ich habe Jahre gebraucht, ehe die sieben einigermaßen dressiert waren“, erzählt die blonde Thüringerin.
Wieso nur ausgerechnet Tauben? Da springt Zirkusdirektor André Sperlich ein. Der 33-Jährige war einst der jüngste seiner Zunft in ganz Europa, als er 2005 seinen eigenen Zirkus eröffnete. „Damals waren wir ein klassischer Zirkus, mit Löwen, Tigern, Elefanten.“ Doch das Zirkus-Geschäft stagniert nicht nur, es schwächelt gewaltig. „Dazu kamen die immer rabiateren Auflagen von Tierschützern. Deshalb haben wir unsere Großtiere abgegeben und unser Konzept umgestellt.“ Deshalb wurde aus dem normalen Zirkus Sperlich der Projektcircus und Kinder die Hauptdarsteller in den Programmen. Seitdem tourt Sperlich mit seinen 13 Zirkuskollegen, 20-Meter- Zelt, Schlangen, Ziegen, Pferden und einem Hasen – für die Zaubernummer – als buchbarer Zirkus für Schulen, Kitas und Jugendclubs durch Deutschland. Für dieses besondere Geschäftsmodell benötigte Sperlich Tiere, bei denen die gesetzlichen Bestimmungen nicht gar so hoch waren. Und so kam auch Christin Weisheit zu ihren sieben Tauben.
Eigentlich ist die 21-jährige keine Tierdompteurin. „Mein eigentliches Fachgebiet ist die Handstand-Äquilibristik“, sagt sie. Die Balancierkunst lernte sie auch auf der Fachschule für Artistik. All das – der Zirkus, die Artistik, das Leben im Wohnwagen – ist Familientradition. Sie stammt aus der berühmten ostdeutschen Hochseilartistik-Familie Weisheit.
Nur die Arbeit mit den Kindern war für die junge Artistin neu. „Aber ich versuche, einfach ich zu bleiben, mit den Kleinen ruhig zu sprechen.“ Das funktioniert. Mit strahlenden Augen stehen Willy, Henriette und Alicia in der Mitte der Manege und staunen, dass auch Tauben gelehrig sein können. Dabei merken sie gar nicht, dass nicht die Tauben die Stars der Nummer sind, sondern eigentlich sie selbst.
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