Etwas HELLA: Die Tücken der „Stillen Post“
Sie kennen das Spiel, das „Stille Post“ heißt? Man sitzt im Kreis herum und flüstert seinem Nebenmann etwas ins Ohr.
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Sie kennen das Spiel, das „Stille Post“ heißt? Man sitzt im Kreis herum und flüstert seinem Nebenmann etwas ins Ohr. Der sagt das Gehörte weiter und der Nächste wieder seinem Nebenmann und so weiter. Was dabei herauskommt, ist hochinteressant und amüsiert die Mitspieler köstlich. Zum Beispiel äußert jemand: „Wir suchen einen Krösus, der uns die Alte Post mit Originalfassade wiederaufbaut.“ Bei Krösus denkt natürlich niemand an etwas Böses. Denn es kostet bestimmt mehr als einen Appel und ein Ei, die Alte Post in der Friedrich-Ebert-Straße wiederaufzubauen. Zumal sie für heutige Verhältnisse ja auch noch ausgesprochen unpraktische Abmessungen hatte. Wie aus dem Krösus allerdings ein Schlaumeier werden konnte, der für sich die günstigsten Konditionen heraushandeln wollte, verwundert trotz abstruser Hörfehler. Naja, Stille Post eben.
Konditionen ist auch ein schwieriges und missverständliches Wort, kommt aber in dieser Stillen Post zur Alten Post nicht mehr vor, weil die Diskussion inzwischen laut und öffentlich ausgetragen wird. Aus wiederaufbaut wurde jedoch durchgekaut. Das geschieht gerade mit dem Angebot des einzigen Interessenten für den Wiederaufbau der Alten Post, das dem Grundstücksbesitzer Pro Potsdam aber überhaupt nicht gefällt. Und wahrscheinlich auch mit dem abgewandelten Fassadenvorschlag der Pro Potsdam, der dem originalverliebten Verein Mitteschön garantiert nicht gefällt.
Und schon kann eine neue Runde „Stille Post“ in Gang gesetzt werden. Wie wäre es zum Beispiel mit: „Die Baulücke Synagoge bleibt uns noch lange erhalten.“ Aha: Wir können alle die Synagoge mitgestalten. „Na, das kann dauern.“ Wer will da mitmauern? Es scheint allerdings so, dass es bei dem Synagogenneubau allen Beteiligten vorerst die Sprache verschlagen hat. Denn man hört gar nichts mehr. Nicht einmal missverständliche Stille Post.
Wer am längeren Hebel sitzt wie beim Schlossneubau und seiner Fassade, der kann wie die BAM natürlich auch das Spiel völlig humorlos beenden und erklären, dass der Rauswurf der Sandsteinfirma kein Hörfehler war. Hier werde nicht im Kreis herumgeflüstert, sondern die Insolvenz der Firma mit Konsequenz in Kauf genommen. Vorhaltungen wegen der wegfallenden Arbeitsplätze habe man durchaus richtig verstanden und – überhört. Beim Geld ist Schluss mit lustig.
Auch bei der Kita-Finanzierungsrichtlinie gab es statt Information eher Stille Post. Und als am Ende der Durchsage herauskam, alle seien doch bestens im Bilde wurden die eher Wilde. Es gab einen Aufschrei darüber, dass etwas bekannt sein sollte, was überhaupt keiner kennt. Statt sich darüber zu amüsieren, waren die Kita-Betreiber vergnatzt und wollten die Richtlinie erst mal schwarz auf weiß sehen, ehe sie dazu etwas sagen. Zumal ihnen die Richtlinie ganz und gar nicht gefällt. Die Stadtverwaltung will den Kita-Trägern nämlich stärker auf die Finger schauen. Und weil es auch da wieder ums liebe Geld geht, werden sie auf alle Körperteile genau aufpassen, auf die Finger und die Ohren, die man ihnen langziehen könnte, falls bei ihren Abrechnungen etwas nicht stimmt.
An dieser Stelle schreibt alle zwei Wochen Hella Dittfeld über Dinge, die sie erfreuten oder ärgerten und hofft, dass dadurch ihr geliebtes Potsdam etwas heller wird. Man darf aber auch ganz anderer Meinung sein.
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