
© Andreas Klaer
Potsdam: Die Überflieger
Das Bergmann-Klinikum beschäftigt ab Februar zwei neue Chefärzte, die Erfahrungen mit Gleitschirmen haben
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Noch ist es nur ein Witz. Aber wer weiß? Viele Dinge nehmen ihren Anfang in einer nicht ganz ernst gemeinten Bemerkung. Vielleicht werde das Potsdamer Klinikum „Ernst von Bergmann“ ja bald eine Betriebssportgruppe „Gleitschirmfliegen“ gründen, meinte Klinikumsgeschäftsführer Steffen Grebner schmunzelnd, als er am Mittwoch der Presse zwei neue Chefärzte vorstellte. Zunächst hatte Privatdozent Dr. med. Gralf Popken gestanden, dass er früher gern Gleitschirm geflogen sei, bis er es auf Bitten seiner Frau aufgegeben habe. Popken, ab 1. Februar neuer Chefarzt der Klinik für Urologie, ist daraufhin begeisterter Segler geworden, auf dem Wannsee. Das brachte Grebner zunächst einmal dazu, die wirklich schon existierende Betriebssportgruppe „Segeln“ ins Spiel zu bringen. Diese besitze zwei Segelboote am Templiner See.
Dann aber, zur Überraschung der Anwesenden, erklärte Privatdozentin Dr. med. Annett Gauruder-Burmester, dass sie nicht nur sehr gern Tango tanze. Vielmehr habe auch sie schon einmal Paragliding gemacht, damals, als sie noch Oberärztin in der Gynäkologie und Geburtshilfe des Kantonspitals Baden in der gebirgsreichen Schweiz war. In diesem Augenblick kam in Erinnerung, dass auch der im vergangenen Jahr neu eingestellte Chefarzt der Klinik für Pneumologie erklärt hatte, eine Leidenschaft fürs Gleitschirmfliegen zu haben. Da wären sie also schon drei, drei gleitschirmerfahrene Chefärzte, und drei sind schon fast eine Mannschaft. Was fehlt, sind nur die Berge. Doch „ist der Hohe Fläming nicht 203 Meter hoch?“, fragte daraufhin Klinikumschef Grebner mit einem Anflug gewissen Ernstes – als sei er in Gedanken schon bei der Umsetzung seiner Idee.
Andererseits ist es zunächst nicht die Freizeitgestaltung, um die sich die beiden neuen Bergmann-Chefärzte nach Dienstbeginn ab 1. Februar zu sorgen haben. Die 1961 in Meißen geborene Annett Gauruder-Burmester, die ihre medizinische Laufbahn als Hebamme begann, um danach an der Berliner Charité Medizin zu studieren, wird Chefärztin eines neuen interdisziplinären Beckenbodenzentrums am Klinikum. Fachübergreifend sollen an diesem Zentrum Erkrankungen und Funktionsstörungen im Bereich des Beckenbodens und der Beckenorgane behandelt werden. Zu den Aufgaben der Chefärztin wird es gehören, das Zusammenwirken mehrerer klinischer Fachbereiche wie die Urologie, Gynäkologie, Chirurgie, Neurologie und die Gastroenterologie (Magen- und Darmmedizin) zu ermöglichen. Annett Gauruder-Burmester und auch der neue Urologie-Chef Gralf Popken werden mit den Worten des Ärztlichen Direktors, Prof. Dr. Hubertus Wenisch, „eine Führungsmannschaft“ sein, die diese Koordinierungsaufgaben zu leisten haben. „Damit es gut wird, braucht man viele Spezialisten aus unterschiedlichen Fachgebieten“, so Wenisch. Grebner bezeichnete die Beckenboden-Chirurgie als „ein bisheriges Manko, das wir nicht abbilden konnten“. Wenisch ergänzte, er sei froh, dass die Beckenboden-Chirurgie nun komplett am Klinikum etabliert wird, denn „der Bedarf ist riesig“. Chefärztin Gauruder-Burmester ist auch weiterhin Leiterin des von ihr aufgebauten Interdisziplinären Beckenbodenzentrums in der Berliner Friedrichstraße. Ferner baute die Ärztin 2012 ein derartiges Zentrum in der nordirakischen Stadt Erbil auf.
Mit der Anstellung der neuen Chefärzte wird es künftig auch erstmals möglich, am Klinikum Geschlechtsumwandlungen vorzunehmen. „Es wird nie ein Kernbereich sein“, erklärte dazu der Klinikumsgeschäftsführer, jedoch sei es besser, derartige Operationen „an einem Hochleistungszentrum durchzuführen als woanders“. Geschlechtsumwandlungen wurden in Potsdam bisher ausschließlich an der Sanssouci-Klinik vorgenommen.
Der 1963 in Oldenburg geborene Gralf Popken war vorher Chefarzt der Urologischen Klinik am Helios-Klinikum Berlin-Buch. Er etablierte einige neue mikrochirurgische bzw. endourologische Verfahren zur Behandlung von Harnsteinen. Dabei werden keine chirurgischen Schnitte mehr durchgeführt, sondern natürliche Körperöffnungen als Zugang für endoskopische Instrumente genutzt. Wie der Mediziner erklärte, sei es das Ziel, das Bergmann-Klinikum für die Potsdamer Patienten so attraktiv zu machen, dass „kein Potsdamer mehr weit reisen muss“. Popken: „Wir wollen alle urologischen Leistungen anbieten“, ausgenommen sind allerdings Nieren-Transplantationen. Ferner kündigte Popken eine engere Zusammenarbeit mit den niedergelassenen Ärzten an.
Die beiden Klinikumschefärzte wohnen derzeit jeweils mit ihren Familien in Berlin-Pankow. Beide erwägen einen Umzug nach Potsdam.
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