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Landeshauptstadt: Die Verwaltung entdeckt den Menschen

In einer neuen Servicestelle sollen Eltern behinderter Kinder Hilfen und Beratung aus einer Hand bekommen

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Daten und Akten sollen laufen - nicht der Bürger. Das soll das Ziel eines Umbaus der Sozialverwaltung sein, den Potsdams Sozialbeigeordnete Elona Müller-Preinesberger (parteilos) am Freitag ankündigte. Der erste Schritt dazu soll durch eine neue Servicestelle zur Eingliederungshilfe für behinderte Kinder und Jugendliche gemacht werden.

Ab Januar sollen sich insgesamt sechs Fallmanager und Sozialarbeiter um die Nöte von Eltern behinderter Kinder kümmern. „Sie sollen erster und ständiger Ansprechpartner für die Betroffenen sein und umfassende Beratung und Betreuung sicherstellen“, sagte Müller-Preinesberger. Im Hintergrund sollen weitere Mitarbeiter die verwaltungsinternen Abläufe koordinieren.

Ein Kind mit einer Behinderung sei ohnehin eine komplexe Lebenslage. „Die Eltern sollen die Zeit mit ihren Kindern verbringen und nicht auf dem Amt“, so Müller-Preinesberger. Deshalb sollen sie sich nicht mit komplizierten bürokratischen Verfahren beschäftigen müssen. Die neue Servicestelle soll nun dafür sorgen, dass die Eltern nicht für jede Leistung zu einem anderen Sachbearbeiter gehen und Anträge mehrfach ausfüllen müssen. Beispielsweise sei ein Großteil der persönlichen Angaben für den Antrag auf einen Kita-Platz oder auf Wohngeld identisch. „Das muss man nicht mehrfach ausfüllen“, so Müller-Preinesberger. Es reiche aus, wenn Nachweise und Kopien einmal an die Verwaltung gegeben werden. Das setze natürlich das Einverständnis voraus, dass die persönlichen Daten auch freigegeben werden.

In Potsdam sollen Eltern von etwa 500 Kindern von der neuen Servicestelle profitieren. So viele Kinder können in der Landeshauptstadt verschiedene Leistungen aus der Eingliederungshilfe bekommen. Die Zahl schwankt nach Verwaltungsangaben leicht. So gibt es zu Beginn eines Schuljahres mehr Anträge.

Ein Anstoß für die Konzeption der neuen Servicestelle sei die Kritik gewesen, die Stadt würde in immer weniger Fällen eine Lerntherapie bezuschussen (PNN berichteten). In den vergangenen Jahren war die Zahl der Bewilligungen tatsächlich kontinuierlich gesunken. Damit Legastheniker oder Kinder mit Rechenschwäche eine Therapie bezahlt bekommen – so verlangt es das Sozialgesetz –, muss allerdings neben der Diagnose der Lernschwäche auch eine seelische Behinderung vorhanden sein oder drohen. Diese muss nachweislich mit der Lernstörung im Zusammenhang stehen. Inzwischen beruft die Verwaltung in allen Fällen, in denen Ablehnung durch das Amt droht, eine Art Beirat ein, um den Fall mit ärztlichen Gutachtern zu besprechen. „Wir haben erkannt, dass wir intensiver mit den Eltern sprechen müssen“, sagte Müller-Preinesberger.

Das Konzept für die Servicestelle wurde von einer Projektgruppe der Verwaltung ausgearbeitet, zu der auch Potsdams neuer Behindertenbeauftragter Christoph Richter gehörte. Auch der Behindertenbeirat war eingebunden. Nach den ersten Wochen soll sich die Projektgruppe im Februar noch einmal treffen, um die ersten Erfahrungen auszuwerten und gegebenenfalls Korrekturen vorzunehmen.

Viele Bestimmungen seien für die Bürger sperrig und kompliziert, sagte Müller-Preinesberger. Die Verwaltung sei auf die Gesetze ausgerichtet, doch mit der neuen Servicestelle solle ein Umdenken einsetzen. Es sei geplant, die neue Arbeitsweise im zweiten Schritt auf erwachsene Menschen mit Behinderung auszuweiten. Das langfristige Ziel sei, sämtliche soziale Fragen in der Stadtverwaltung nach der neuen Struktur mit Fallmanagern zu organisieren. Diese sollen dann Bürger umfassend beraten. „Das ist total neu in der öffentlichen Verwaltung“, sagte Müller-Preinesberger. Von heute auf morgen sei der Umbau allerdings nicht zu machen: „Das wird einige Jahre in Anspruch nehmen.“ Zusätzlich soll Zeit gespart werden, indem künftig viele Anträge auch von zu Hause im Internet ausgefüllt werden können.

Die neue Servicestelle für die Eingliederungshilfe finden Eltern ab Januar im Haus 2 auf dem Gelände der Stadtverwaltung. Die Sprechzeiten sind dienstags von 9 bis 12 und von 13 bis 18 Uhr und donnerstags von 9 bis 12 Uhr und von 13 bis 16 Uhr. Eingestellt wird hingegen die zusätzliche Beratung zu lerntherapeutischen Leistungen im Begegnungszentrum Sekiz in der Hermann-Elflein-Straße. Seit März gab es dort an jedem ersten Dienstag im Monat eine Sprechstunde. Das Angebot habe nicht die erwartete Resonanz erhalten, hieß es. Bei den zehn Terminen ließen sich insgesamt nur zehn Mütter und Väter beraten.

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