Landeshauptstadt: „Die Wasserfläche reicht nicht aus“
Der Geschäftsführer des Landessportbunds, Andreas Gerlach, über Sportbedingungen in Potsdam und Gebühren für die Sportstätten
Stand:
Herr Gerlach, Potsdam schmückt sich gerne mit den Erfolgen der Sportler. Ist Potsdam auch eine Sportstadt?
Potsdam versucht zumindest die Voraussetzungen dafür zu erfüllen. Wir haben mit dem Luftschiffhafen ein traditionelles Areal, in dem der Leistungssport, aber auch viele Breitensportvereine zu Hause sind. 23000 Mitglieder haben die 140 im Stadtsportbund organisierten Vereine, das ist eine sehr gute Basis. Was die Sportförderung betrifft, gilt: Die Förderung könnte immer besser sein als sie ist. In Potsdam ist allerdings erfreulich, dass die Sportförderung durch Beschlüsse der Stadtverordneten konstant ist und jetzt sogar zulegt.
Nun soll für 16,5 Millionen Euro eine neue Halle gebaut werden, für die seit Jahren Bedarf angemeldet worden ist. Reicht das strukturell für den Sport in Potsdam?
Potsdam braucht noch ein schönes Stadion. Mit Turbine Potsdam haben wir im Frauenfußball eine der Spitzenmannschaften in Deutschland. Die Mannschaft hat sich entwickelt und kann in den nächsten Jahren auch in Europa wieder ganz vorne mitspielen. Auch die Männer haben Ambitionen, der SV Babelsberg 03 will höher spielen als jetzt in der vierten Liga. Daher ist ein Stadion für Potsdam unheimlich wichtig. Man kann auch sagen, die Wasserfläche reicht trotz der drei Schwimmhallen noch nicht aus. Und natürlich hoffe ich, dass das Konjunkturpaket der Bundesregierung in Potsdam dazu beiträgt, dass im Bereich der Sanierung von Schulturnhallen noch etwas passiert.
Es soll auch in den Luftschiffhafen investiert werden. Es gibt immer wieder Streit über die Nutzung – Vorrang für den Leistungssport oder mehr Breitensport?
Dieser Konflikt ist konstruiert. Seit Jahren nutzen 35 Vereine dieser Stadt den Luftschiffhafen. Und das nicht nur im Bereich des Leistungssports, sondern für alle Facetten. Sei es für Behinderte, Senioren oder Nachwuchs. Fakt ist eins, die Unterstützung zur Rekonstruktion des Luftschiffhafens, insbesondere durch den Bund, ist deshalb gekommen, weil es ein Landes- und Bundesstützpunkt des Leistungssports ist. Im Rahmen dieser Zuwendungen, die nicht nur den Bau betreffen, sondern auch die Betriebskosten, ist es einfach notwendig die Prioritäten so zu setzen, dass der Leistungssport den Vorrang vor allem anderen hat. Im Rahmen der Möglichkeiten soll der Vereinssport natürlich dort zu Hause bleiben.
Sportler müssen für die Nutzung der Sportanlagen nicht direkt an die Stadt zahlen. Vielmehr überweisen der Stadtsportbund aus Beiträgen der Vereine sowie Vereine, die ihre Sportstätte alleine nutzen, der Stadt insgesamt 50 000 Euro im Jahr als Nutzungsgebühr. Dennoch ist immer wieder die Rede von einer weiteren Sportstättennutzungsgebühr. Hat sich das System bewährt?
Das ist ein Agreement, was mit den Stadtverordneten geschlossen wurde, als es darum ging, insgesamt Sportstättengebühren zu erheben. Die Vereine selbst haben damals in Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung ein System entwickelt, in das mit einer gewissen Gerechtigkeit von den Vereinen eine Summe von damals 100000 Mark gekommen ist. Heute sind es 50000 Euro. Dabei geht es um eine Beteiligung an den Kosten, die der Stadt durch die Nutzung der Anlagen entstehen. Das ist nicht kostendeckend, ganz klar. Wir schätzen aber ein, dass die Sache sich bewährt hat. Alles hat aber nur so lange Bestand, wie die Politik auch dahinter steht.
Wie sieht es damit in Potsdam aus?
Da wird mir nicht bange, weil die Politiker erkannt haben, dass der Sport an der Stelle die Unterstützung braucht. Eine Änderung wäre ein deutlicher Rückschritt und schlecht für die Vereine.
Der Oberbürgermeister hatte kürzlich beschließen lassen wollen, dass Vereine, die Einnahmen durch Zuschauer und Werbung in der städtischen Halle erzielen, davon etwas an die Stadt abgeben sollen. Ist das ein Modell für Potsdam?
Das ist für die Stadt zumindest eine Möglichkeit, um an Einnahmen zu kommen. Man muss das allerdings abwägen. Um welche Größenordnung geht es denn hier überhaupt? Wenn professionell gespielt und gearbeitet wird und dafür zusätzliche Maßnahmen notwendig sind, die über das normale Maß des Sportvereins hinaus gehen, dann wäre das durchaus berechtigt. Aber das sollte man mit sehr viel Feingefühl machen, denn auch eine Bundesligamannschaft, sei es im Judo, Volleyball oder Handball, ist ein Imageträger für diese Stadt.
Woran liegt es, dass die Anzahl der Menschen, die sich in Sportvereinen organisieren, im Land Brandenburg am niedrigsten in der Bundesrepublik ist?
Das kommt aus der Geschichte heraus. Bei uns will jeder, der in einen Verein eintritt, auch Sport treiben. In anderen Bundesländern ist der Anteil an passiven Mitgliedern, an fördernden Mitgliedern, wesentlich höher. Das sind gewachsene Strukturen, da werden wir auch in den nächsten zwanzig Jahren keine Chance haben überhaupt in die Nähe zu kommen. Im Vergleich mit den anderen neuen Ländern liegen wir auch ein klein wenig zurück, da ist der Abstand aber mit einem Prozentpunkt gering.
Dennoch fehlt es in Potsdam an Hallenkapazitäten. Immer wieder ist zu hören, wenn es Geld kostet, entspannt sich die Situation auch.
Damit würde man ein Mehrklassensystem schaffen. Das dürfte nicht im Interesse der Stadtverwaltung liegen. Es sollten alle Potsdamer die Möglichkeit erhalten, zu vernünftigen Bedingungen Sport zu treiben. Damit meine ich gemeinnützigen und organisierten Sport an dieser Stelle. Was die Kapazitäten angeht: Der Sport kann nur zu bestimmten Zeiten stattfinden, nach der Schule oder nach der Arbeit. Und da drängeln sich die Vereine natürlich um die Hallenzeiten. Da wird man immer mehr Kapazitäten brauchen.
Die Fragen stellte Jan Brunzlow
Andreas Gerlach ist Hauptgeschäftsführer des Landessportbundes Brandenburg. Der frühere Fechter sitzt zudem in Aufsichtsräten von Sportvereinen und im Vorstand des Stadtsportbundes.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: