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Homepage: „Die Wasserkosten werden steigen“

Klimaforscher Dr. Frank Wechsung über Folgen des Klimawandels für den Wasserhaushalt der Region

Wissenschaftler des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) haben ein Buch zu den „Auswirkungen des globalen Wandels auf Wasser, Umwelt und Gesellschaft im Elbegebiet“ herausgegeben (ISBN: 3-89998-062-X). Das Buch richtet sich sowohl an Wissenschaftler als auch an Akteure und Behörden, die mit Problemen der Wasserverfügbarkeit und Wasserqualität im Elbeeinzugsgebiet zu tun haben. Die PNN sprachen mit einem der Herausgeber, Dr. Frank Wechsung vom PIK, über die Entwicklung in der Region Berlin-Brandenburg.

Wird durch den Klimawandel bei uns in Zukunft das Wasser knapp?

Wir haben den Zeitraum bis 2045 betrachtet und dabei analytisch auf historische Klimadaten seit 1950 zurückgegriffen. Es zeigt sich, dass sich bei in der Region Berlin-Brandenburg schon viel getan hat: es ist im Vergleichszeitraum um rund ein Grad Celsius wärmer geworden, die Sommerniederschläge sind um 50 Millimeter zurückgegangen, die Winterniederschläge haben im gleichen Umfang zugenommen.

Gleicht sich das nicht aus?

Nein, da wir die Überschüsse des Winters nicht vollständig mit in den Sommer nehmen können. In den kommenden 50 Jahren erwarten wir einen weiteren Temperaturanstieg von 0,7 Grad. Zusätzlich werden sich insbesondere im Brandenburger Raum die Niederschläge nach den bisher vorliegenden Modellrechnungen im Sommer weiter verringern und sogar insgesamt zurückgehen. Das wird zu einem Problem, da bei uns starke Eingriffe im Wasserhaushalt stattfinden.

Zum Beispiel?

Etwa im Zusammenhang mit dem Braunkohletagebau in der Lausitz. Dort sollen bis 2035 die Tagebaurestlöcher weitgehend geflutet werden. Im selben Zeitraum wird auch die Tagebauaktivität sukzessive zurückgeführt. Nun kommen zwei Prozesse zusammen. Durch die Rückführung des Tagebaus wird es weniger Einleitungen von Sümpfungsswässern – aus dem Tagbau abgepumptes Grundwasser – geben. Das überlagert sich nun mit erhöhten Temperaturen, die zu einer stärkeren Verdunstung führen. Hinzu kommen die zurückgehenden Niederschläge. Es ist zu erwarten, dass die Wasserverfügbarkeit im Bereich des Oberflächenwassers zurückgeht. Wenn man das im Kontext mit den Flutungen sieht, muss man davon ausgehen, dass weniger Wasser zur Verfügung stehen wird, um mögliche Niedrigwasserphasen zu kompensieren.

War das schon einmal nötig?

Im heißen Sommer 2003 zum Beispiel hat man die Spree erheblich aus Tagebauwasser stabilisieren müssen. Das wird so in Zukunft nicht mehr ohne weiteres möglich sein. Nach 2030 gehen wir nach dem derzeitigen Szenario davon aus, dass der Berlinzufluss über die Spree während der Sommermonate zum Erliegen kommen wird.

Mit welchen Folgen?

Für das Trinkwasser wird das keine unmittelbare Folgen haben, da der Grundwasserspiegel in der Berliner Region vergleichsweise hoch ist. Es kann auch Wasser aus der Havel gefördert werden. Generell führt ein solcher Rückgang aber zu Qualitätsproblemen beim Wasser der Spree, durch die höhere Nährstoffbelastung wird es stärker zu Algenwachstum kommen. Das wird die Kosten für die Wassernutzer erhöhen. Die Wasserversorgung kann dann nicht mehr nach den derzeitigen Strategien erfolgen, man muss sich nach Alternativen umsehen. Etwa müssen sich Kraftwerks-Betreiber alternative Wasser-Ressourcen suchen. Da kommen zusätzliche Kosten auf gewerbliche Nutzer aber auch auf die Bürger zu.

Wir müssen uns also auf einen rückläufigen Wasserhaushalt einstellen?

In erster Linie schon, wobei es gegenläufige Entwicklungen gibt. Gegenwärtig haben wir in weiten Teilen Brandenburgs fallende Grundwasserstände, insbesondere in den Randregionen. Im Berliner Raum und in den bisher vom Tagebau beeinflussten Regionen steigen die Grundwasserstände hingegen, weil die Tagebauaktivität und sonstige Wassernutzungen des Grundwassers zurückgehen. Das hat den Effekt, dass in Berlin und Cottbus Keller unter Wasser stehen. Hier muss sogar zusätzlich Grundwasser gefördert werden, um die Wasserspiegel zu stabilisieren. Es besteht nun die Gefahr, dass man durch die derzeit hohen Grundwasserstände die langfristig negative Entwicklung unterschätzt.

Es heißt, das Grundwasser sei bei zurück gehenden Niederschlägen von Versalzung bedroht.

Dies ist tatsächlich eine Befürchtung und wird gegenwärtig intensiv untersucht.

Vor welchen Aufgaben steht nun die Politik?

In der wasserwirtschaftlichen Regulierung und bei der Steuerung des Flutungsprojektes muss man sich auf die Situation einstellen. Wir haben verschiedene Alternativen betrachtet. Eine davon ist, der Flutung eine höhere Priorität zu geben, sie teilweise zeitlich vorzuziehen. Allein dadurch würde es nach 2030 zu einer gewissen Entspannung im Sommer kommen. Es gibt auch die Idee, viele kleine Fließe im Sommer trocken fallen zu lassen und das Wasser zu nutzen, um die Zuflüsse insbesondere in den Spreewald zu stabilisieren. Eine andere Möglichkeit wäre die Überleitung von Oderwasser, das allerdings recht hoch mit Nährstoffen belastet ist. Das würde zusätzliche Wasserkosten mit sich bringen.

Könnten die gefluteten Tagebaulöcher auch als Reservoir dienen?

Das wäre ein Späteffekt. Das Vorziehen der Flutung hat zwei Effekte. Einmal wäre der Prozess abgeschlossen, wenn der Klimawandel erste größere Probleme verursachen wird. Zudem würden Reservoirs entstehen, mit positiver Wirkung.

Das Konzept der nachwachsenden Rohstoffe wird den Wasserbedarf erhöhen.

Es könnte passieren, dass man das Kind mit dem Bade ausschüttet, und in der hehren Absicht mit nachwachsende Rohstoffe CO2-neutral Energie zu produzieren eine Lücke beim Wasserhaushalt reißt. Dann würde die Nachhaltigkeit zu Lasten des Wasserhaushaltes gehen.

Wie lässt sich das vermeiden?

Man muss durch die Strukturierung der Landnutzung Vorsorge treffen, dass der Landschaftswasserhaushalt nicht überbeansprucht wird. Etwa indem man Ackerflächen, die nicht mehr rentabel genutzt werden können, nicht bewaldet und offen hält. Dies schont das Grundwasser. Der Waldumbau auf Laubbäume würde den Wasserhaushalt ebenfalls stabilisieren. Der derzeit hohe Anteil an Kiefernwäldern in Brandenburg bewirkt insbesondere im Winter unter diesen Flächen eine geringere Grundwasserneubildung, weil die Kiefer mit ihren Nadeln den Boden vor den Niederschlägen stärker abschirmen als die im Winter nackten Laubwälder. Durch den Waldumbau lassen sich Freiräume schaffen, die den Anbau von nachwachsenden Rohstoffen im gewünschten Umfang ermöglichen.

Die Dürre von 2003 bleibt aber eine Ausnahme?

Wir gehen davon aus das Extreme wie das Hochwasser 2002 und die Trockenheit 2003 in Zukunft häufiger auftreten werden. Hier muss sich die Politik und der Verbraucher auf andere Bedingungen einstellen. Die Landwirtschaft kann sich etwa auf Trockenheit einstellen, indem sie im Berliner Umlandbereich auf Kulturen ausweicht, die unter Beregnung eine hohe Wertschöpfung bringen, wie Erdbeeren und Feldgemüse. Dafür müsste aber in anderen Regionen der Anbau gezielt eingeschränkt werden, um Wasser zu sparen. Eine andere Option wäre, auf Kulturen umzusteigen, die in Jahren mit ausreichend Wasser einen hohen Mehrbetrag erwirtschaften, insbesondere der Mais. Bei einem Extremsommer wie 2003 ist allerdings auch der Mais vertrocknet.

Wie werden die nächsten Jahre?

Grundsätzlich kann man sagen, dass im gesamten Elbeeinzugsgebiet das Klima oszilliert, auf sieben zunehmend trockene Jahre folgen sieben feuchte Jahre. Fast schon wie in der Bibel. Das ist statistisch belegt. Es gilt aber nur im Mittel. Deshalb fragen Sie mich nun bitte nicht, an welcher Stelle des Zyklus wir uns derzeit gerade befinden. So regelmäßig ist das nicht.

Das Interview führte Jan Kixmüller

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