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Landeshauptstadt: Die Zügel fest in der Hand

Pferdebahn war Hauptattraktion beim 125-jährigen Straßenbahnfest

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Pferdebahn war Hauptattraktion beim 125-jährigen Straßenbahnfest Die beiden Braunen spannen die Muskeln, die Hufe suchen neben den Schienen Halt und mit einem Ruck setzt sich die fünf Tonnen schwere Pferdebahn in Bewegung. Die sonst vor Kutschen und Kremsern trabenden Kohlschmidt-Pferde legen sich – gelenkt von Kutscher Siegfried Raupach – so gelassen in die Sielen, als hätten sie ihr Leben lang Pferdebahnen gezogen. Am Krankenhaus vorbei geht es sogar in leichtem Trab. Das eng auf zwei Längsbänken zusammengequetschte Publikum genießt die Nostalgie. In genau 23 Minuten ist man vom Platz der Einheit aus an der Glienicker Brücke. Da kostet das Umschirren an den Endpunkten schon mehr Zeit. Deshalb können die Gäste des Festes „125 Jahre Straßenbahn in Potsdam“ einen ausgiebigen Blick auf die historische Tram werfen. Um fast jede Bahn rankt sich eine eigene Geschichte. Die Pferdebahn aus dem Jahre 1883 stand zum Beispiel zum Hühnerstall umfunktioniert auf einer Wiese am Großen Zernsee, wurde dort von Oldtimer-Fan Peter Ernst entdeckt und gehört nun zu den historischen Schmuckstücken der BVG. Auch das zweitälteste Stück von 1903 stammt aus Berlin-Köpenick und ist schon eine richtige Elektrische. Die Kriegsstraßenbahn aus den 40er Jahren wurde aus Woltersdorf geholt. Potsdam selbst beginnt mit seinen Oldies erst bei der Gothaer Tram von 1965. Man hält beim Verkehrsbetrieb (ViP) bei knapper Kasse nicht viel von Nostalgie und auch der Prototyp der Tatrabahn mit der Nr. 001 wäre beinahe verschrottet worden, hätte ihn nicht Karsten Müller vom Denkmalpflegeverein Nahverkehr gerettet. Er kaufte ihn für eine Mark,die Arbeitsförderungsgesellschaft Teltow besorgte alte Teile, steckte selbst viel Arbeit und rund 15 000 DM in die Restaurierung und gab die Bahn schließlich fahrtüchtig wieder an den Verkehrsbetrieb zurück. Als die Combinos ausfielen, tat dieser Tatra-Urtyp noch gute Dienste. Der Combino Prototyp fehlte im Corso natürlich auch nicht, gefolgt von der Alu-Vario-Niederflurbahn, die der Nachfolger sein könnte. Das Festtagsschmuckstück kam samt Fahrerin aus Duisburg. Gebaut wird die Bahn in Pankow.Vor einer Entscheidung sollen aber erst einmal alle möglichen Typen in Potsdam Probe fahren, dann gibt es ein Ausschreibungs- und Auswahlverfahren. Und bezahlen muss Potsdam die Neuen auch noch können. Man werde „alle nur möglichen Argumente auffahren, um vom Land Unterstützung“ zu bekommen, meint Stadtkämmerer Burkhard Exner. Vor 2007 fällt keine Entscheidung, so ViP-Chef Martin Weis. 27 Millionen Fahrgäste hat die Potsdamer Tram jährlich und gestern kamen einige hinzu, die kreuz und quer durch die Stadt fuhren, die Ausstellung im ViP-Zentrum besuchten, bei Marschmusik und anderen Klängen mitwippten und sich beim Musketengedonner der Langen Kerls die Ohren zuhielten. fran

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