Von Henri Kramer: Die zwei Gesichter des KuZe
Das studentische Kulturzentrum ist beliebter Jugendtreff – doch sein Mitmach-Konzept bleibt umstritten
Stand:
Das Votum der Jungpolitiker zum studentischen Kulturzentrum (KuZe) klingt einmütig. „Wir nehmen die Entwicklung wohlwollend zur Kenntnis und danken besonders dem NutzerInnenplenum für die geleistete Arbeit, weil es eine breite Akzeptanz und Nutzung des Hauses erreicht hat.“ Einen Text dieser Art haben die Mitglieder im Studentenparlament (Stupa) der Universität Potsdam beschlossen, die sich einmal im Jahr auch im KuZe treffen und für das Haus jährlich 100000 Euro aus dem Semesterbeitrag der Studenten abzweigen. In dem Kulturzentrum in der Hermann-Elflein-Straße – so hat es bei der Sitzung am Dienstagabend gewirkt – gibt es keine Konflikte.
Alexander W. (* Name geändert) hat das KuZe anders erlebt. Der Student nutzte mit seiner Band „Das kanonische Ensemble“ bis vor einem halben Jahr den KuZe-Probenraum. Dann flogen sie raus – aus seiner Sicht zu Unrecht. Der Streit drehte sich unter anderem um Tresenschichten, zu denen sich Nutzer des Hauses verpflichten sollen. „Wir haben uns geweigert, in der KuZe-Kneipe zu arbeiten, weil wir Nichtraucher sind“, sagt W.. Als Konsequenz wurde den Musikern der Schlüssel gesperrt, W. wurde per Mail „Egozentrismus“ und seine „Konsumhaltung“ vorgehalten. Doch für ihn war der Streit um den Rauch nur der Schlusspunkt ständiger „Reibereien“. Besonders ein Dorn im Auge des Studenten: Das Nutzerplenum. Es ist neben dem Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) und dem Kneipenbetreiber-Verein das Hauptentscheidungsgremium in dem für mehr als eine Million Euro sanierten Hauskomplex. Die nicht gewählte Arbeitsgruppe entscheidet beispielsweise, wer in dem Haus Partys veranstalten darf und wer nicht. Viele Mitglieder gehören zur linksalternativen Szene Potsdams, sie rühmen ihre basisdemokratischen Entscheidungsstrukturen, in der im Konsens entschieden wird.
Alexander W. sieht das anders: Die Initiatoren des Plenums hätten schon immer „aus ideologischen Gründen“ auf dem Konsensprinzip bestanden. Die Diskussionen hätten sich so stundenlang hingezogen, „gerne auch mit politischer Note, bis alle gehen.“ An dieser Stelle hätten die Plenumsverfechter ihre Entscheidungen treffen können, so W.. „Bald hatte auf diese Weise eine eingespielte Gruppe mit einheitlichem Meinungsbild das KuZe fest im Griff.“ So sei ein Zentrum entstanden, sagt W., dass sich wie ein „lupenreiner multikultureller Schmelztiegel“ geriere, jedoch autokratisch organisiert sei und in dem Nutzungsbedingungen „willkürlich diktiert werden“.
Alexander W. vertritt keine Einzelmeinung. Auch in der Vergangenheit hatten Studenten-Politiker das KuZe und seine Strukturen kritisiert – der Widerstand gegen solche Vorwürfe war massiv ausgefallen, die KuZe-Macher fühlten ihre Arbeit diskreditiert. Für Außenstehende waren die Vorwürfe gegen das Nutzerplenum nur schwer zu überblicken.
Eine Klärung hätte die Stupa-Sitzung am Dienstag bringen können – dort ist nach fünf Jahren die erste Analyse zum Betrieb des Hauses vorgestellt worden. Doch das Papier entpuppt sich als vom Geschäftsführer des Hauses geschriebene Bestandsaufnahme, der eine Art Umfrage angeheftet ist: Nur vier Angestellte, vier Bands, acht Gruppen im Haus sowie fünf „Seminarraumnutzer“ und „drei von tausend“ angefragten „Einzelpersonen“ haben geantwortet. Auf die Frage eines Parlamentariers, ob die nächste Untersuchung auch wissenschaftlichen Kriterien genügen würde, gab es am Dienstag sofort Widerstand aus dem Plenum: „Fragwürdiger Datenwust einer Umfrage kann die Wirklichkeit nicht abbilden.“
Doch interessant ist die Frage nach Wirkung eines solchen Plenums dennoch: Auch deswegen, weil das KuZe-Modell in den vergangenen Monaten mehrmals als mögliches Vorbild für das geplante „Freiland“-Jugendzentrum in der Friedrich-Engels-Straße genannt wurde.
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