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Kommentar über das Duzen im Stadtparlament: Dienst ist Dienst, Schnaps ist Schnaps
Mike, Peter, Carsten - immer häufiger sprechen sich Stadtpolitiker während der Sitzungen des Stadtparlaments mit Vornamen an. Doch damit geht die nötige Distanz verloren, meint PNN-Autor Henri Kramer.
Stand:
Potsdam - Eine um sich greifende Sprachverirrung ist in den Sitzungen des Stadtparlaments zu beobachten: Potsdams Stadtpolitiker duzen sich immer häufiger. Da sagte etwa Linke-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg am Mittwochabend mitten in einem Streitgespräch „Mike, denk’ an deine Verantwortung!“ und meinte SPD-Chef Schubert. Kein Einzelfall.
Die Fraktionschefs der Grünen und der Wählergruppe Die Andere, Peter Schüler und Carsten Linke, sprechen sich in Debatten, und seien sie noch so kontrovers, regelmäßig mit ihren Vornamen an. „Carsten,...!“, „Peter,...!“ Mit Verlaub: Das fühlt sich an, als würden die Parlamentarier gerade mit einer Grillwurst in der Hand – in der anderen ein Bierglas – die Zukunft der Stadt ausdiskutieren.
Für ernste Fragen wird Distanz benötigt
Das hat zwar insofern einen gewissen Charme, als dass man eine Ahnung davon bekommt, dass die ehrenamtlichen Stadtverordneten jenseits des Plenums durchaus freundlich miteinander umgehen. Doch in einer Parlamentssitzung selbst sollte das „Du“ unterbleiben. Denn mit dem Duzen geht eine gewisse Distanzlosigkeit einher – die nicht den ernsten Fragen gerecht wird, über die gestritten wird. Nicht umsonst würde auch vor Gericht kein Richter auf die Idee kommen, einen Staatsanwalt oder Verteidiger zu duzen, nur weil er ihn auch privat kennt.
Ein Stück mehr Selbstkontrolle und Sprachdisziplin stünde den Potsdamer Kommunalpolitikern daher gut zu Gesicht, weil sonst die Außenwirkung der Stadtverordnetenversammlung durchaus leiden könnte. Oder einfach gesagt: Dienst ist Dienst, Schnaps ist Schnaps.
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