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Landeshauptstadt: Direktorin schlägt Alarm Suiziddrohung und Randale – Alltag in Drewitz:

Jetzt bekommt die Schule einen Sozialarbeiter

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Erste Stunde, Grundschule „Am Priesterweg“ in Drewitz: Eine Fünftklässlerin droht sich aus der oberen Etage ins Treppenhaus zu stürzen. Kurze Zeit später stürmt die Sportlehrerin in das Schulsekretariat. Ein Achtjähriger sei dabei, die Türen der Sporthalle einzutreten. „Das ist Alltag an meiner Schule“, schilderte die Leiterin Elvira Eichelbaum die Zustände an der Einrichtung – und schlug damit bei der gemeinsamen Sitzung von Bildungs- und Jugendhilfesaussschuss am Mittwochabend Alarm.

Eichelbaum wollte mit der Schilderung noch einmal darauf drängen, eine Schulsozialarbeiterstelle in ihrer Schule einzurichten. Schon seit Jahren hätte sie das gefordert, so Eichelbaum. Derzeit besuchten 360 Schülerinnen und Schüler die Grundschule „Am Priesterweg“, darunter 60 fremdsprachige Kinder und 23 mit Behinderung. Außerdem käme das Gros der Schülerschaft aus ausgesprochen schwierigen und sozial schwachen Familienverhältnissen. Viele auch mit diversen Begabungen, die ungefördert verkümmerten. Einige Kinder wüchsen in einem „lesefremden Milieu“ auf, wie Eichelbaum sagt. „Bei ihnen gibt es zu Hause kein Buch.“

Eichelbaums Nachdruck hat Wirkung gezeigt. Mit Schuljahresbeginn 2007/2008 erhalte die Drewitzer Grundschule nun einen Sozialarbeiter, bestätigte gestern die Jugendbeigeordnete Elona Müller den PNN. Die Finanzierung der Personalstelle bestreite man aus den frei werdenden Mitteln aufgelöster Schulstandorte, erklärte die Beigeordnete.

Das löst die Problematik insgesamt nicht. Es bleibt die Forderung nach Schulsozialarbeit an allen Potsdamer Einrichtungen, wie sie schon lange von Elona Müller forciert wird (PNN berichteten). Zurzeit verfügen acht von 41 Schulen in der Landeshauptstadt über diese Form der sozial-pädagogischen Hilfe. „Wenn wir eine weitere Schulsozialarbeiterstelle schaffen, müssen wir sie woanders wegnehmen“, erklärte Jugendamtsleiter Norbert Schweers. Die insgesamt 63,5 im Bereich Jugendhilfe und Bildung von seinem Amt geförderten Stellen seien aber so verteilt, dass sie den Bedarf gerade deckten. „Wir haben keinen Spielraum“, so Schweers. Auch die Bildungsbeigeordnete Gabriele Fischer winkte mit Blick auf das ihr zur Verfügung stehende Budget ab.

Da sei das Land gefragt, waren sich die Mitglieder der beiden Fachausschüsse deshalb einig. In einem gemeinsamen Brief an das Bildungsministerium wollen sie eine neue Prioritätensetzung auf die Schulsozialarbeit fordern. „Diesen Brief warten wir erst einmal ab“, erklärte gestern Ministeriumssprecher Stephan Breiding auf PNN-Nachfrage. Im Unterschied zu einigen Kultusministerien anderer Bundesländer beteilige sich Brandenburg bereits an der Schulsozialarbeit. „Obwohl das gar nicht unsere Aufgabe ist“, betonte Breiding. Jährlich zahle das Bildungsministerium den Kommunen 5,6 Millionen Euro für sozial-pädagogische Kräfte an Schulen; insgesamt gebe es in Brandenburg 130 Schulsozialarbeiter. „Ich denke aber nicht, dass jede Schule einen braucht“, betonte Breiding.

Dem widersprach Potsdams Jugendbeigeordnete. Die Problemlagen für Kinder und Jugendliche nähmen zu. Familiäre Krisen und andere Konflikte machten nicht an der Schulmauer halt, sondern würden von den Schülern ins Schulsystem getragen. Und das sei auch Schultyp-unabhängig, erklärte Elona Müller. Sie verwies auf eine kürzlich sttagefundene Demonstration von 700 Berliner Lehrern, die Alarm schlugen, weil sie überfordert seien. Die Beigeordnete appelierte an die Fürsorgepflicht des Bildungsministeriums für sein pädagogisches Fachpersonal. „Wir müssen jetzt endlich etwas tun“, so Elona Müller. Das Ministerium finanziere bereits 33 Schulpsychologen, die den Staatlichen Schulämtern angegliedert seien. „An die können sich die Lehrkräfte wenden“, so Breiding. Nicola Klusemann

Nicola Klusemann

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