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Von Kay Grimmer: Discofox im Einkaufscenter

Die Stars und Sternchen der „Tanz den Schlager“- Tour tauen im Bahnhof das zurückhaltende Potsdamer Publikum auf

Stand:

Zurückhaltend. So sind die Potsdamer, da kann das Frauenduo „Rosenrot“ auf der Bühne noch so sehr um das Mitklatschen bitten. „Erstmal höre ich, was die so singen“, tönt es aus der Zuschauerschar, die gestern Abend in die Bahnhofspassagen geströmt ist. Ihr Ziel: Eine kostenlose Schlagershow der Talente und alten Hasen. „Tanz den Schlager“ hieß das Produkt, dass Bekanntheit und Vermarktung der Barden und Sternchen aus der volkstümlichen Musik steigern soll. Und das gestern in Potsdam seinen Anfang nahm. In den kommenden sieben Tagen ziehen „Rosenrot“, „Wilde Herzen“ sowie die Solisten Frank Lars, Petra Frey und Gerd Christian quer durch die Republik. Köthen, Halle, Weißenfels, Göttingen, Köln, Dortmund stehen auf dem Fahrplan, täglich sind zwei Auftritte in Einkaufspassagen, Shoppingcentern, Großkaufmärkten geplant.

Moderator Jens Seidler, der gleichzeitig das nach eigenen Angaben „größte Schlager-Event des Jahres“ koordiniert, musste in Potsdam gleich zu Beginn die Fans der volkstümlichen Musik trösten. Viren und Bakterien machen nämlich auch nicht vor Schlagerstimmen halt: So kamen das angekündigte Idol Uwe Hübner, das jahrelang im ZDF die Hitparade moderierte und ein Sänger des 80er-Jahre-Schlagerpop-Duos „Wilde Herzen“ nicht nach Potsdam, beide lagen krank darnieder.

Doch das neue Schlagersternchen-Duo „Rosenrot“ versuchte, keine Traurigkeit über die fehlenden Sänger aufkommen zu lassen und die gut 100 Potsdamer für ihre Musik zu begeistern. Es gelang – zögerlich. Während zunächst in vielen Gesichtern keine Regung zu sehen war, der Oberkörper noch stoisch ruhig gehalten wurde, sah man das ein oder andere Knie schon rhythmisch zucken, manchen Fuß im Takt mitwippen. „Es darf geklatscht werden“, ruft die Rosenrot-Hälfte Tanja dem Publikum zu. Doch das rhythmische Applaudieren erstarb nach wenigen Takten. Die beiden Sängerinnen behielten die Nerven. Routiniert und professionell sangen sie ihre drei Lieder – davon eins als absolute Premiere. „Das haben wir noch nie zuvor auf der Bühne präsentiert“, gestanden sie. Auch wenn sie als Schlagerduo noch eine unbekannte Größe sind, gerade erst kam ihre erste Single heraus, sind sie erfahrene Bühnenarbeiter. Mit einer Coverband gehörten sie 2009 zu den Stammgästen im ZDF-Fernsehgarten: 20 Auftritte hatten sie im vergangenen Jahr auf dem Lerchenberg in Mainz. Von dieser großen Bühne in Einkaufsmärkte – ist das kein Rückschritt? „Nein, es ist völlig egal, wo wir singen – uns macht das überall Spaß“, versicherte Tanja. Für die beiden ist es eine neue Erfahrung, „mit eigenen Songs aufzutreten“, gab Alex zu. „Deshalb war die Aufregung vor dem Auftritt in Potsdam groß.“ Dem Applaus nach den drei Liedern zu urteilen haben sie ihre Aufgabe gut gemeistert. Das Duo hatte die Potsdamer aufgetaut und bestens vorbereitet für die vier noch kommenden Gesangseinlagen.

Denn beim zweiten Schlager-Gast wurde im Publikum schon weitaus freigiebiger mitgeklatscht. Selbst ein Discofox wurde aufs Bahnhofspassagen-Parkett gelegt – getreu dem Titel „Tanz den Schlager“. Andreas Hammerschmidt, der gesunde Part des Duos „Wilde Herzen“, trat auch ohne seinen Gesangspartner Michael Fischer auf. Fischers Stimme wird vom Band eingespielt. „Ansonsten singen hier alle live“, beteuerte Moderator Jens Seidler. Das freute vor allem die Fans der jeweiligen Schlagersternchen. Die Sprembergerin Doris war extra zum Auftritt ihrer großen Idole von „Wilde Herzen“ ins Potsdamer Bahnhofscenter angereist – das halbierte „Wilde Herz“ nahm sie hin und tanzte in der Fanclub–Weste trotzdem auf ihre Lieblingsmusik.

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