
© A. Klaer
Landeshauptstadt: Donnerwetter, Donnerwetter, wir sind Kerle Vortrag über Glanz und Elend der Garden
Im 19. Jahrhundert wurde die Sicherung der Schlösser und Gärten nicht wie heute durch einen spärlich besetzten Wachschutz wahrgenommen.
Stand:
Im 19. Jahrhundert wurde die Sicherung der Schlösser und Gärten nicht wie heute durch einen spärlich besetzten Wachschutz wahrgenommen. Dafür gab es ab 1829 eine Schlossgardekompanie für Potsdam und Berlin. Sie bestand aus etwa 70 Mann, vorwiegend altgedienten Unteroffizieren, die mindestens 1,80 Meter groß sein sollten. Mit Grenadierhelm stellten sie auch bei Hoffesten die Wachen. König oder Kaiser nebst Gemahlin wurden dagegen von der Leib-Gendarmerie beschützt, deren Kaserne am Luisenplatz heute die Sparkasse nutzt. Auch diese Truppe zählte zur Garde.
In die bunte Welt dieser in Potsdam und Berlin stationierten Elitetruppen führte im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte Jürgen Kloosterhuis, der Direktor des Geheimen Staatsarchivs Berlin-Dahlem. Die Veranstaltung organisiert hatte der Förderverein „Militärmuseum Brandenburg-Preußen e.V.“, der noch immer nach einem Standort für das Museum sucht. Für Preußen setzte Kloosterhuis die Geburtsstunde der Königswachen auf das Jahr 1609 an. Damals nahmen die brandenburgischen Herrscher zum persönlichen Schutz 150 Soldaten mit, wenn sie in das ihnen zugesprochene, aber umstrittene rheinische Kleve und die Mark reisten.
Lange führten die Palastwachen, unter König Friedrich I. zählte dazu auch eine Schweizer Garde, ein eintöniges Leben. Der Potsdamer Hausgott hieße „Langweiler“, wurde gespöttelt. Damit räumte der Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. gründlich auf. Seine Garde, das Königsregiment (Nr. 6) mit den „Langen Kerls“, hatte drei Aufgaben zu erfüllen: Sie war Palastwache und Kampftruppe zugleich und übernahm dazu als Lehrtruppe die Erprobung militärischer Neuerungen.
Seit Friedrich II. wurde in Preußen die Garde nicht mehr geschont, stand in vorderster Front und erlitt später im Kampf gegen Napoleon, in den sogenannten Einigungskriegen und im Ersten Weltkrieg hohe Verluste. Am bekanntesten wurden das Erste Garderegiment zu Fuß, „vornehmstes Regiment der Christenheit“ genannt, und das Kavallerie-Regiment Garde du Corps, beide in Potsdam in Garnison. Bestens verkörpert sieht der Historiker den Charakter der preußischen Garden im Lehr-Infanterie-Bataillon, in der ausgewählte Soldaten aus den preußischen und anderen deutschen Regimentern ausgebildet wurden. Das Bataillon, dessen Geschichte bis 1811 zurückreicht, habe die Funktionen als Palastwache, Kampftruppe und Lehrtruppe wahrgenommen.
Kloosterhuis sprach von „Glanz und Elend“ der Garden. In der prächtigen Offiziersuniform steckten Adlige voller Standesdünkel, den sie arrogant zur Schau stellten. Vom Sold konnten sie ihr aufwendiges Leben nicht finanzieren, brauchten elterliche Hilfe und waren oft hoch verschuldet. Tapferkeit konnte ihnen jedoch nicht abgesprochen werden. Der Kabarettdichter Julius Freund und der Komponist Paul Lincke nahmen die „Jungs vom Garde du Corps“ 1908 auf die Schippe. Am Metropol-Theater Berlin erklang in einer Revue das Couplet „Donnerwetter, Donnerwetter, wir sind Kerle“, eine Parodie auf den preußischen Gardeoffizier mit seiner Orientierung auf „Stall und Sekt und Weib“. Wilhelm II. verbot seinen Offizieren den Besuch der Revue, die daraufhin in Zivil ins „Metropol“ gingen. Der Kronprinz wurde als einer der ersten dabei ertappt und erhielt einen mehrtägigen „kaiserlichen Stubenarrest“.
Als durchgängiges Merkmal der Garden nannte Kloosterhuis die Verbundenheit zum Herrscherhaus. Dies scheint für die letzten Jahrzehnte der Monarchie fraglich. Er erwähnte nicht, dass während der Revolution 1848 die in den Communs am Neuen Palais untergebrachten Gardefüsiliere meuterten. Als die Garden zu einem drei Divisionen starken Korps mit einer Fülle von Untergliederungen heranwuchsen – es gab sogar ein Eisenbahngardebataillon –, da erforderte dies eine Rückkehr zur Leibwache, die dann Leibgendarmerie hieß. Erhart Hohenstein
Erhart Hohenstein
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: