Von Günter Schenke: Doping am Arbeitsplatz
DAK-Studie: Krankenstand in Potsdam leicht rückläufig, aber mehr psychische Erkrankungen
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Potsdamer sind seltener krank als die Durchschnittsbrandenburger, kämpfen aber immer öfter mit psychischen Erkrankungen. Psychische Probleme liegen mittlerweile auf Rang vier bei den Krankmeldungen. Das geht aus dem Gesundheitsreport 2008 der Krankenkasse DAK hervor, den die DAK-Chefin Birgit Krafft gestern in Potsdam vorstellte.
Die Deutschland-Karte über den Krankenstand darin zeigt das Land nahezu in den Staatsgrenzen vor der Wiedervereinigung. Nach den DAK-Zahlen liegt der Krankenstand in den neuen Ländern, mit Ausnahme Sachsens, um 0,3 Prozent höher als im übrigen Deutschland.
Für Potsdam stellten die Statistiker einen leichten Rückgang des Krankenstandes um 0,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr fest. Psychische Erkrankungen haben dagegen um zwanzig Prozent zugenommen und liegen mit knapp zehn Prozent auf Rang vier der Erkrankungen einschließlich Verletzungen.
Risikofaktor für psychische Krankheiten sei vor allem chronischer Stress, erläuterte DAK-Chefin Birgit Krafft. Belastungen am Arbeitsplatz, Leistungsdruck, Konkurrenz und Angst vor Jobverlust nennen die Autoren der Studie als Ursachen. Potsdams Amtsärztin Karola Linke beklagt zudem, dass der psychische Druck bereits im Schulalter beginne und im Berufsleben oft eskaliere.
Vor einer Überinterpretation der Zahlen warnte dagegen Christian Kieser, Chef des Zentrums für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik am Bergmann-Klinikum. „Es werden in letzter Zeit einfach mehr psychische Erkrankungen wahrgenommen und diagnostiziert“, sagt er. Das wirke sich statistisch aus.
Allerdings geht auch Kieser davon aus, dass Medikamentenmissbrauch gegen Stress und psychische Belastungen in der Berufswelt die Situation verschärfen. Die DAK spricht nach einer Befragung sogar von „Doping am Arbeitsplatz“. Im Fokus stehen verschreibungspflichtige Arzneimittel zur Therapie von Depressionen und Schlafstörungen, die nach Meinung der Autoren ohne therapeutische Notwendigkeit eingenommen werden.
Eine Aussage über die Schweinegrippe enthält die DAK-Studie nicht, weil es die Erkrankung 2008 noch nicht gab. Linke bemerkt zur „Grippe-Pandemie“: „Wir hatten 2008 mehr saisonale Grippefälle als im November 2009.“ Eine Zunahme gab es auch bei den Langzeiterkrankungen mit Arbeitsausfällen von 43 Tagen und mehr, die mittlerweile 2,6 Prozent aller Krankheitsfälle ausmachen.
Insgesamt zeigt die Statistik jedoch keine dramatischen Zahlen. Die Erhebungen für Brandenburg ergeben für die letzten zehn Jahre ein nahezu gleichbleibendes Niveau von circa vier Prozent Arbeitsunfähigkeit. In Potsdam stehen Krankheiten der Atemwege mit 21 Prozent an der Spitze, gefolgt von denen des Muskel- und Skelett-Systems. Infektionen und Kreislauferkrankungen machen jeweils 4,9 Prozent aus.
Günter Schenke
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