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Ausgesprochen KAPUSTE: Dort sind sie, die Frauen!

Skiurlaub in Österreich im Februar 2013. In der Hotelrezeption sitzt freundlich lächelnd eine resche, fesche Tirolerin im obligaten Dirndlkleid.

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Skiurlaub in Österreich im Februar 2013. In der Hotelrezeption sitzt freundlich lächelnd eine resche, fesche Tirolerin im obligaten Dirndlkleid. Sie spricht allerdings ein sehr sächsisch eingefärbtes Deutsch. Die Kellnerin, die uns beim Abendessen bedient, redet, wie man es von gebürtigen Brandenburgerinnen gewohnt ist. Auf die höflich interessierte Frage nach dem Woher, will sie erst nicht damit herausrücken, meint dann aber doch: „Aus Eberswalde.“ Und schiebt noch ein „Nichts los, dort!“ nach.

Es ist seit Jahren nichts Außergewöhnliches, im österreichischen Hotelgewerbe auf Frauen aus den ostdeutschen Bundesländern zu treffen. Auch in Höhen von über 2000 Metern, wie die resolute Endzwanzigerin, die ein großes Restaurant bei einer Bergstation leitete.

Tja, dort sind sie also, die Frauen, denen der Aufschrei im Jahr 2007 galt, als die Statistik urplötzlich die erschreckend hohe Anzahl ostdeutscher Frauen kundtat, die sich auf den Weg ins westliche In- und Ausland gemacht hatten, um sich dort beruflich zu verwirklichen und dann sogar auch noch zu verheiraten! Junge, gut ausgebildete, flexible und dynamische Frauen, die, rücksichtslos auf ihr eigenes Fortkommen bedacht, die Sandros und Kevins in der ostdeutschen Provinz zurückließen. Junge tüchtige Männer, die nun darüber grübelten, ob sie, statt Maurer oder Kfz-Mechaniker, nicht besser, wie die schlauen Frauen, irgendwas mit Dienstleistung und Kommunikation oder so ähnlich hätten lernen sollen. Aber dazu war ja es nun zu spät.

Dass Ostdeutsche heute überall im In- und Ausland als Touristen unterwegs sind, ist zum Glück Normalität. Das war auch früher so, auch wenn die Reisen damals nicht so weit gingen. Von meinen Eltern weiß ich, dass, gleichgültig welchen Alpen-Gipfel man in den 20er und 30er Jahren des letzten Jahrhunderts erklomm, man bereits von reiselustigen Sachsen erwartet wurde. Doch das mit den dort arbeitenden ostdeutschen Frauen gab es nicht, das ist neu.

Aber, so darf man fragen, sind dort nicht auch Männer aus der Prignitz oder Lausitz oder ähnlichen Gegenden in Arbeit und Brot? Aber ja. Immerhin war letztes Jahr in unserem Hotel der Gehilfe des Hausmeisters aus Thüringen. Er trug die Koffer und schippte den Schnee von den eingeschneiten Autos. Dieses Jahr hat er den Aufstieg geschafft, ich habe ihn in 2350 Metern Höhe in einer bewirtschafteten Alm entdeckt. Er war mit der Ausgabe von Kaiserschmarren, Germknödeln, Apfel- und Topfenstrudel betraut. Na also, geht doch!

Unser Autor ist ehemaliger Stadtverordneter der CDU und war Vorsitzender des Ausschusses für Kultur. Er lebt in Eiche.

Eberhard Kapuste

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