Von Gudrun Janicke: Drei Falter für Königin Luise
Im Berliner Schloss Charlottenburg wird ab 6. März gezeigt, in welchem Ambiente die beim Volk beliebte Monarchin lebte
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Potsdam/Berlin - Die legendäre preußische Königin Luise (1776- 1810) gibt 200 Jahre nach ihrem Tod etwas von ihrem Leben preis. Im Berliner Schloss Charlottenburg wird ab 6. März gezeigt, in welchem Ambiente die beim Volk beliebte Monarchin, deren früher Tod wie bei Lady Diana für fast hysterische Massentrauer sorgte, lebte. Hergerichtet wurden einige Räume, die ihr Schwiegervater König Friedrich Wilhelm II. bauen ließ und die Luise nach seinem Tod bewohnte. Im Zweiten Weltkrieg zerstört, sind sie zum Jubiläum wieder anzuschauen.
„Die ursprüngliche Wandbespannung war verloren gegangen“, sagt Restauratorin Erika Brand, Beauftragte der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg für diese restauratorische Arbeit. Gut 200 Jahre nach der Ausstattung des Raumes mussten sich Fachleute noch einmal an die Arbeit machen. Mit der gleichen Akribie wie ihre Künstlerkollegen zauberten sie per Hand eine Kopie der phantasievollen, über und über bemalten Tapeten. Edler grünlich- blauer Seidenatlas, übersät mit exotischen Blumen und Vögeln im Stil damals beliebter Chinoiserien lässt angesichts des schwelgerischen Farbenrauschs dem heutigen Betrachter fast den Atem stocken. Ein original erhalten gebliebener Stuhlbezug – sorgsam in Seidenpapier verpackt – und zwei Stoffbahnen, im Krefelder Textilmuseum gefunden, halfen das Aussehen der berühmten Tapeten zu rekonstruieren. Das sich kaum wiederholende Muster konnte bis auf wenige Ausnahmen wieder nachgezeichnet werden. Dabei halfen auch alte Schwarz-Weiß-Fotos und Inventarlisten. „Das Gewebe wurde analysiert und in Italien bestellt“, erzählt Brand.
Judith Seider, in der Porzellanmanufaktur Meissen ausgebildete Porzellanmalerin und Restauratorin für Wandmalerei, suchte dann das Geheimnis der damals verwendeten Farben zu ergründen. „Ich probierte vieles und entschied mich für Ei-Tempera, die einen wunderschönen Glanz auf der Unterlage aus aufgetragener Reisstärke gibt“, berichtet die 38-Jährige.
In den Räumen der Neuen Orangerie in Potsdam-Sanssouci war dann für viele Monate ihre Werkstatt. Auf einem speziell gebauten Tisch ist die Stoffbahn gespannt. Mit ruhiger Hand zeichnet Seider die schwarz durchgepausten Umrandungen der Motive aus. In winzigen Porzellanschälchen hat sie die Farben vorbereitet. Mit zarten Pinselstrichen entstehen mit dem Licht changierende Blütenblättchen oder das duftige Gefieder exotischer Vögel, die auf kleinen Zweigen Platz genommen haben. Pfingstrosen, Hibiskusblüten, Azaleen und Rosen „erblühen“ unter den Händen der Malerin. Mehr als 30 Vögel erweckt sie fast zum Leben. Gut 30 verschiedene Schmetterlinge schwirren durch die Landschaft – jeder Flügel filigran gemalt. Etwa 39 Stunden Arbeitszeit stecken in einem Meter Seidentapete, bei einer Breite von 72 Zentimetern. „Zur Ausstattung des Raumes sind etwa 95 laufende Meter notwendig“ berichtet Seider. Die Hälfte ist für die Vorhänge und Bespannung eines Stuhles und zweier Hocker erforderlich. Jetzt sind die Stoffe komplett, werden zusammengenäht und kommen dann an die Wände im Schloss Charlottenburg. Seider zeigt ein altes Foto. Auf dem kleinen Sofa, mit dem gleichen Stoff bespannt wie die Wand, wirkt einer der beiden Sitzplätze arg abgenutzt. „Wer, wenn nicht Luise, hat darauf gesessen“, meint sie.
Nun ist Arbeit von Restauratorin Seider erst einmal beendet. Zwar signieren Restauratoren ihre Werke nicht, doch hat die 38-Jährige eine Erinnerung an ihre Kunstfertigkeit - wenn auch unbeabsichtigt - =hinterlassen. Wenn Besucher in die Ausstellung gehen, sollten sie ihre Blicke schweifen lassen. Drei Falter sind auf den Tapeten versteckt, die im Original nicht dazu gehörten. Der Grund dafür ist ganz banal: Beim Malen passierte Seider ein kleines Malheur. Und die so entstandenen drei Flecke sind nun unter kleinen Schmetterlingen „versteckt“. „Das wird aber niemanden auffallen“, meint sie angesichts überladener Pracht.
Internet: www.spsg.de
Gudrun Janicke
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