Von Kay Grimmer: Dreizehn Babelsberger Oscar-Hoffnungen In der Nacht zu Montag werden die Goldjungen verliehen – Potsdamer fiebern mit vier Filmen vor Ort mit
Aufbleiben wird Levin Henning in der Sonntagnacht nicht. Schließlich wartet am Montagmorgen die Schule auf den elfjährigen Potsdamer Rotschopf.
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Aufbleiben wird Levin Henning in der Sonntagnacht nicht. Schließlich wartet am Montagmorgen die Schule auf den elfjährigen Potsdamer Rotschopf. Dann allerdings könnte der junge Schauspieler bereits Darsteller in einem Oscar-Film sein. Denn in der Nacht von Sonntag zu Montag steht unter anderem das Drama „Das weisse Band“, in dem das Potsdamer Schauspiel-Talent einen Pfarrerssohn spielt, in gleich zwei Kategorien beim wohl bekanntesten Filmpreis der Welt zur Wahl. Der Schwarz-Weiß-Streifen des österreichischen Regisseurs Michael Haneke, produziert vom Babelsberger Stefan Arndt, ist nicht die einzige Potsdamer Oscar-Hoffnung in diesem Jahr. Gleich vier Filme mit brandenburgischen Hintergründen dürfen in fast unglaublich klingenden 13 Nominierungen auf einen der Goldjungs hoffen, die in der Nacht von Sonntag zu Montag im Kodak Theatre in Los Angeles zum 82. Mal verliehen werden. All vier Filme wurden mit finanzieller Unterstützung der Filmförderinstitution Medienboard Berlin-Brandenburg realisiert.
Als ein Favorit der diesjährigen 82. Oscar-Verleihung gilt der vornehmlich in Babelsberg entstandene und vom Studio koproduzierte Quentin Tarantino-Streifen „Inglourious Basterds“, der gleich acht Nominierungen auf sich vereinen kann. Als fast gesichert gilt dabei der Oscar für Schauspieler Christoph Waltz als „Bester Nebendarsteller“ – Waltz erhielt für seine Rolle als charmant-sadistischer SS-Obersturmbannführer Hans Landa bereits an die 30 Auszeichnungen, darunter den Golden Globe. Auch Kult-Regisseur Quentin Tarantino ist mehrfach nominiert, unter anderem als bester Regisseur. Die Weltkriegs-Farce geht überdies in der Königskategorie „Bester Film“ ins Rennen – und misst sich dabei gegen andere Favoriten wie „Avatar“ oder „The Hurt Locker“.
In der Kategorie des „Besten nichtenglischsprachigen Films“ treten gleich zwei medienboard-geförderte Filme an. Neben der deutsch-israelischen Koproduktion „Ajami“ ist es das Drama „Das weisse Band“, der Kameramann des Haneke-Streifens, Christian Berger, darf darüber hinaus auf einen Oscar in der Kamera-Kategorie hoffen. Schließlich warten die britischen Schauspieler Helen Mirren und Christopher Plummer auf die Oscar-Entscheidung. Beide sind für ihre Leistung im Film „Ein russischer Sommer“ nominiert – der Streifen wurde auch vom Medienboard gefördert und entstand zu großen Teilen in der Mark.
Genau dreizehn Mal heißt es deshalb für Kirsten Niehuus am Sonntag Daumen drücken. Die Medienboard-Geschäftsführerin ist bereits in Los Angeles und lädt erstmals überhaupt vor Ort zu einem eigenen Oscar-Empfang am Nachmittag vor der Verleihung. Auch die Verantwortlichen der Produktionsfirmen von den vier nominierten Filmen sind mit im Boot: das Studio Babelsberg mit Christoph Fisser, Carl L. Woebcken und Henning Molfenter. Judy Tosell, die für das zweifach oscarnominierte Drama „Ein russischer Sommer“ verantwortlich zeichnet, „Ajami“- Produzent Thanassis Karathanos und nicht zuletzt Stefan Arndt von X-Filme unterstützen den Empfang. Arndt lädt zudem parallel zur Oscar-Verleihung zu einer eigenen Feier. Denn nur ein Bruchteil der Potsdamer vor Ort in Los Angeles haben auch Karten zur Oscar-Gala im Kodak Theatre. „Eine kleine Chance besteht noch, dass ich eine Karte für die Verleihung ergattere“, so Niehuus. Ansonsten werde sie zu Arndts Feier gehen. Zudem lädt auch die deutsche Filmvermarktungsgesellschaft German Films zur traditionellen Party in die Villa Aurora ein.
In Potsdam bleibt es indes ruhig um die Oscars – eine öffentliche Übertragung der Verleihung ist bislang nicht bekannt. Wer also in großem Kreis Daumen drücken will, muss nach Berlin ausweichen. Dort lädt am Sonntagabend unter anderem der Szene-Klub GMF zur Oscar-Night ab 23 Uhr in die Alexanderstraße 7.
Traurig ist Levin Henning nicht, dass er in Potsdam ist und nicht am Ort des Geschehens. „Ein Oscar wär’ schon cool“, sagt er. Es wäre auch eine Belohnung für sein Schauspiel und zwei große Überwindungen, die der Potsdamer für die Rolle über sich ergehen lassen musste: „Dass meine Haare abgeschnitten wurden für die Rolle, war echt keine schöne Erfahrung.“ Außerdem erinnert er sich mit Grausen an die „Klamotten, vor allem die Hose bis zum Bauchnabel.“
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