Landeshauptstadt: Drewitz wird Wahlkampfthema
Erste große Polit-Diskussion vor den Kommunalwahlen im September verheißt harten Schlagabtausch
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Drewitz - Die SPD soll nicht immer nur prüfen wollen, sondern Beschlüsse fassen. Und überhaupt sei das Gerede der Sozialdemokraten von einem Garagensicherungskonzept für Potsdam nur „Gelaber“, wenn die SPD gleichzeitig nicht zusammen mit der Linken „konkrete“ Beschlüsse über etwa den Erhalt von 750 Garagen am Schäferfeld in Drewitz fassen könne, schimpfte Hans-Jürgen Scharfenberg. Der Chef der Linke-Stadtfraktion wirkte schon bei der ersten Diskussion zur Kommunalwahl im September äußerst angriffslustig, obwohl die Potsdamer erst in etwas mehr als einem halben Jahr ihre Stadtverordneten wählen sollen. Den mehr als zwei Stunden dauernden Polit-Talk am Dienstagabend hatte der Club 18 in der Pietschkerstraße organisiert – und damit auch die Neubaugebiete und ihre Wünsche und Sorgen als zentrales Thema vorgegeben.
Rund 80 vor allem ältere Zuschauer kamen – und verrieten den Politikern einige Ärgernisse. So dürfe es nicht sein, dass mit seinem Stadtteil so „unsensibel“ in der Öffentlichkeit verfahren werde, erregte sich ein Zuhörer aus Drewitz und sagt unter Beifall: „Wir Anwohner können auf Worte wie ,Ghetto“ verzichten.“ Das spiegele nicht das Gefühl vor Ort wieder. Jedoch gäbe es schon ein Problem mit Ordnung und Sauberkeit – erst neulich habe er erlebt, dass auf dem Rasen vor einem Mehrgeschosser offenbar das gesamte Mobiliar einer Wohnung entsorgt wurde und niemand sich zuständig fühlte.
Diese kleine Begebenheit griff Sven Petke als CDU-Landtagsabgeordneter für den Wahlkreis auf. „Wenn so etwas passiert, müssen wir einschreiten und dürfen nicht weggucken.“ Natürlich dürften keine Pauschalurteile über bestimmte Stadtteile gefällt werden, sagte Petke: „Aber wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass zum Beispiel die Jugendprobleme in Drewitz größer sind als in der Innenstadt.“ Seien solche Wahrheiten in der Diskussion, könne es auch Veränderung geben, so Petke, der auch bauliche Neuerungen forderte. So müsse die Konrad-Wolf-Allee schöner werden, denn momentan gleiche die Drewitzer Hauptachse eher einer „Allee für einen Aufmarsch“ statt einer Straße zum Leben. So kam Petke zu dem Schluss: Für Drewitz müsse Potsdam in nächster Zukunft eine wichtige Antwort finden. Wo und wie sollen Menschen mit wenig Geld unterkommen, will man so ein Wohngebiet überhaupt – oder sollen Menschen mit geringen Einkommen eher in den Osten Berlins mit seinen billigen Mieten ziehen?
Petkes Thesen sorgten für Widerspruch bei den anderen sechs Rednern aus den Parteien und Fraktionen der Stadtverordnetenversammlung. Drewitz dürfe nicht stigmatisiert werden. Ähnlich äußerte sich Harald Kümmel von der SPD: Das Bild der reichen Innenstadt und armen Plattenbaugebiete sei nicht nur falsch, weil es die Stadt spalte, sondern auch angesichts der Sozialdaten so nicht haltbar. „Laut den Sozialdaten ist der Stern glatter Potsdamer Durchschnitt“, so Kümmel. Auch Monika Keilholz von der Fraktion Die Andere sah „nicht nur Jugendprobleme“ allein in Drewitz. Ute Bankwitz vom Bürgerbündnis betonte, dass vor allem das ehrenamtliche Engagement im Stadtteil gestärkt werden müsse – wie schon in anderen Potsdamer Neubausiedlungen erfolgreich praktiziert. Jürgen Stelter als Chef der Potsdamer Grünen bejahte dies und ging noch einen Schritt weiter. So könne er sich vorstellen, viele Potsdamer Potenziale für die Neubaugebiete zu nutzen, etwa die Wissenschaftslandschaft. Ebenso plädierte er für Jugendangebote an der Grundschule am Priesterweg als einem möglichen Weg, um im Stadtteil mehr Angebote für junge Leute zu schaffen.
Es war einer der wenigen Momente der Diskussion, in denen es um konkrete Verbesserungen für junge Leute ging – weswegen Stadtjugendring-Chef Dirk Harder kurz vor Ende als Zuschauer zum Mikro ging: „Ich finde es furchtbar, dass hier offenbar nur gewählt wird, wer für Garagen ist.“ Potsdam sei nicht für seine Jugendangebote zur familienfreundlichsten Stadt in Deutschland gewählt worden, sondern nur wegen der guten Kinderversorgung. Da stimmte Dieter Gohlke von der Familienpartei zu und forderte „mehr Geld“ – eine Forderung, die die anderen Politiker als zu „platt“ abtaten. Beispiel Jürgen Stelter: „Ein 500-Euro-Schein hat keinen Freizeitwert.“
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