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Podiumsdiskussion zum Verkehr in Potsdam: Droht Potsdam nun ein „XXL-Baustellenchaos“?

Eine Podiumsdiskussion über den Verkehr in Potsdam zeigte viele Probleme und wenige Lösungen. Entweder fehlt das Geld für nötige Investitionen oder die Entscheidungskompetenz – oder beides.

Potsdam - So schlecht kann es den Autofahrern in Potsdam nicht gehen. Jedenfalls könnte man das vermuten, wenn von sechs Teilnehmern einer Podiumsdiskussion unter dem Titel „Stau-Stadt Potsdam – Wie löst die Landeshauptstadt ihre Verkehrsprobleme?“ vier mit dem eigenen Auto anreisen. Diskutiert wurde am Dienstagabend im Treffpunkt Freizeit beim Antenne-Stammtisch. Wie man in der Stadt vorankommt, beschäftigt viele Potsdamer: Das Thema landete bei der repräsentativen Bürgerumfrage der Stadtverwaltung im vergangenen Jahr wieder auf dem ersten Platz. Angesichts der derzeitigen Einengung der Langen Brücke, angekündigter Großbaustellen in der Nuthestraße und der Nedlitzer Straße und der geplanten Einengung der Zeppelinstraße stand die Frage im Raum, ob Potsdam denn nun das „XXL-Baustellenchaos“ drohe.

Welche Probleme hat der Verkehr in Potsdam und welche Lösungen gibt es?

Am Dienstagabend lockte das Thema allerdings nur etwa 30 Gäste in den großes Saal des Treffpunkts Freizeit – darunter mehrere Stadtpolitiker und Interessenvertreter. Dabei war das Podium durchaus hochkarätig besetzt. Moderator Alexander Dieck konnte eine Herrenriege von vielen relevanten Akteuren begrüßen: den technischen Geschäftsführer des Potsdamer Verkehrsbetriebs (ViP), Oliver Glaser, den 1. Beigeordneten aus Werder (Havel), Christian Große (CDU), den Vorsitzenden des Verkehrsausschusses der Stadtverordnetenversammlung, Ralf Jäkel (Linke), den Bereichsleiter Verkehrsentwicklung der Stadtverwaltung, Norman Niehoff, und Jörg Becker vom Automobilclub ADAC Berlin-Brandenburg. Ulf Hildebrand, Sprecher des Potsdamer ADFC – also Interessenvertreter der Fahrradfahrer – nahm hingegen im Publikum Platz.

Inhaltlich ging es dann darum, welche Probleme der Verkehr in Potsdam hat und welche Lösungen es dafür gibt. Ergebnis: Es gibt nicht nur ein, sondern eine Reihe von Problemen, die miteinander in Bezug stehen. Und: Lösen sollen sie vor allem das Land und die Deutsche Bahn. Unglücklicherweise waren das genau die beiden Institutionen, die an diesem Abend nicht vor Ort vertreten waren. Was allerdings den Anwesenden die Möglichkeit eröffnete, allerhand Forderungen aufzumachen, denen erst mal niemand widersprechen konnte.

Planungen für Tram-Neubaustrecke dauern bis zu zehn Jahre

ViP-Chef Oliver Glaser wies auf das Wachstum der Stadt hin: Neue Wohngebiete wie Krampnitz sollten erst errichtet werden, wenn sie auch per Straßenbahn an das Stadtzentrum angeschlossen sind. Dabei gebe es jedoch ein Zeit- und ein Finanzierungsproblem. „Der planerische Vorlauf einer Neubaustrecke für die Tram dauert acht bis zehn Jahre“, sagte er. Außerdem habe sich das Land weitgehend aus der Finanzierung von Investitionen in den öffentlichen Nahverkehr zurückgezogen. Dabei gebe es schon jetzt Kapazitätsengpässe. „Wir müssen teilweise Leute stehen lassen.“

Werders 1. Beigeordneter Christian Große zeigte Verständnis für die Potsdamer Nöte angesichts Tausender Pendler, die täglich aus den Umlandgemeinden in die Stadt einfahren – oft mit dem Auto. Als kreisangehörige Gemeinde habe man jedoch wenig Spielraum, so Große. Der Kreis entscheide über die Busse, das Land bestelle die Regionalzüge – oder auch nicht. „Der RE1 heißt in Werder nur noch Viehtransporter.“ So voll sei der Zug im Berufsverkehr. Große forderte, dass das Land wachsende Kommunen bei Investitionen mehr unterstützt. Das Fahrrad jedenfalls sei für die meisten keine Alternative, weil die Entfernungen zu groß seien.

RE 1 im 15-Minuten-Takt würde helfen

Ihm sprang Ralf Jäkel von den Potsdamer Linken bei: Ein 15-Minuten-Takt für den Regionalexpress 1 würde vielen Pendlern helfen und die Straßen entlasten. Potsdam müsse gemeinsam mit Werder Druck auf die Landesregierung machen. Nicht ganz überraschend plädierte Jäkel erneut dafür, eine dritte Straßenbrücke über die Havel zu errichten – am besten als Teil einer Ringstraße, die von der Wetzlarer Straße durch das Landschaftsschutzgebiet Potsdamer Havelseen bis zur B273 planiert wird. „Das senkt die Belastung in der Innenstadt.“

Auch angesichts von Fragen aus dem Publikum verteidigte Norman Niehoff von der Stadtverwaltung die Einengung der Zeppelinstraße. Wegen der überhöhten Schadstoffbelastung müsse man die Verkehrsmenge reduzieren. Für ein Durchfahrverbot nur für schmutzige Diesel gebe es leider keine gesetzliche Grundlage.

Busse fahren auch während der Bauarbeiten in der Nedlitzer Straße

Immerhin eine gute Nachricht gab es am Dienstag: Busse sollen auch während der viermonatigen Bauarbeiten in beiden Richtungen durch die Nedlitzer Straße fahren. Das kündigte der ViP-Chef Oliver Glaser an. Somit dürften Nutzer der Buslinien in den Potsdamer Norden dem befürchteten Stau-Chaos entgehen, wenn die Straße wegen das Baus der Tram zum Jungfernsee ab Mai gesperrt wird.

Am heutigen Donnerstag wird weiter diskutiert: In der Geschwister-Scholl- Straße 51 geht es ab 19.30 Uhr um Carsharing und die Umstellung auf Elektromobilität. Am Montag, dem 20. März, um 18 Uhr lädt die Verkehrswacht Potsdam zum Verkehrsforum 2017 ein. Eine Vertreterin der Stadtverwaltung informiert über die Probleme des innerstädtischen Straßenverkehrs.

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Autofahrer in Potsdam standen 2016 im Berufsverkehr 14 Stunden im Stau, zeigt eine weltweite Studie. In Berlin waren es 40 Stunden.

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