zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: „Du siehst echt gut aus“

Eine Geschichte wie aus dem Film: Eine 18-jährige Schülerin wird im Fitnessstudio von Star-Designer Wolfgang Joop angesprochen. Drei Wochen später steht sie als Model bei der Fashion Week in Paris

Von Katharina Wiechers

Stand:

Die Geschichte klingt wie aus dem Drehbuch für einen kitschigen Hollywood-Film: Nichts ahnend trainierte die 18-jährige Karolina Haße, eine Schülerin aus dem kleinen Ort Götz nahe der Stadt Brandenburg, gerade auf dem Laufband in einem Potsdamer Fitnessstudio, als plötzlich Star-Designer Wolfgang Joop vor ihr stand. „Du siehst echt gut aus“, sagte er zu dem Mädchen und drückte ihm eine Telefonnummer in die Hand. Drei Wochen später fand sich Karolina in Paris auf der Fashion Week wieder, einem der wichtigsten Branchentreffen der internationalen Modewelt, und posierte mit Joops neuester Kollektion.

„Eigentlich interessiere ich mich gar nicht für Mode“, sagt das zierliche Mädchen mit den dunklen Haaren und dem Piercing in der Nase. Klar, sie habe schon darauf geachtet, was „in“ ist, den aktuellen Trend verfolgt. Aber Modezeitschriften blättern sei nie ihr Ding gewesen, sagt sie.

Doch seit dem einen Nachmittag im Studio von „Fitness First“ ist alles anders. Kurz nach der Begegnung mit Wolfgang Joop wählte sie die Telefonnummer, die er ihr gegeben hatte, und wurde tatsächlich zum Anprobieren in das Atelier in der Wunderkind-Villa am Heiligen See eingeladen. Dort machte sie ein sogenanntes Fitting mit, probierte also die Kleidungsstücke an, die Joop für Wunderkind entworfen hatte und die in Paris auf dem Laufsteg präsentiert werden sollten. „Die Sachen haben mir total gut gepasst“, sagt sie. Und siehe da: Eine Woche vor der Fashion Week bekam die 18-Jährige die Anfrage, ob sie mit nach Paris fahren wolle.

„Ich habe sofort zugesagt“, sagt sie, „es waren ja Herbstferien.“ Zehn Tage lang war sie mit dem Wunderkind-Team in Paris, tauchte in das Mode-Business ein. Wie sie dort aufgenommen wurde? „Die waren alle supernett“, sagt Karolina. „Im Fernsehen wird das ja immer so dargestellt, als wären die alle total abgebrüht und arrogant, aber das stimmt gar nicht. Das sind nette Menschen, die einfach nur ihre Arbeit machen.“ Konkurrenz von den anderen Models habe sie keine gespürt, im Gegenteil. „Es war, als würde ich schon immer dazugehören“, sagt sie schwärmerisch. Auch Wolfgang Joop sei ab und zu dabei gewesen. Er sei ein „klasse Typ“, findet Karolina. „Ich mag den richtig gern.“

In Paris war es ihr Job, die neue Kollektion im Wunderkind-Showroom zu zeigen – die Präsentation auf dem Laufsteg war den professionellen Models vorbehalten. In den Showrooms können sich die Kunden in aller Ruhe die neue Kollektion ansehen und Fotos mit verschiedenen Outfit-Kombinationen machen. Freizeit hatte Karolina kaum, nur einmal sei sie unterwegs gewesen – zum Shoppen. „Die hier hab ich mir gekauft“, sagt sie und zeigt auf ihre schwarze Lederjacke. Die Arbeit im Showroom habe ihr gefallen, sagt sie. „Mir hat es Spaß gemacht, den Leuten zu zeigen, wie die Sachen aussehen.“

Gezeigt wurde in Paris die Kollektion für den Frühling und den Sommer 2014, die Joop mit seinem 2003 in seiner Heimatstadt Potsdam gegründeten Label Wunderkind vorstellte. Eine Mischung aus Romantik und Emanzipation, wie Joop selbst sagt. Das neue Frauenbild gehe in Richtung Powerfrau, weg von den „Tanten mit hohen Hacken, die sich nur einen Mann angeln wollen“. Karolina Haße passte da genau ins Bild, ganz euphorisch hatte Joop kürzlich im PNN-Interview über seine neue Entdeckung gesprochen: „Für die Kollektion ist sie perfekt: Sie ist kräftig, sie ist gesund, sie ist modern.“ Die Schülerin meint zu wissen, was er damit meint. „Ich sehe nicht so abgemagert aus, meine Haut ist straff und gesund bin ich sowieso.“

Selbstbewusst ist Karolina Haße, aber angeberisch keineswegs. Ihren Freunden zu Hause im 1500-Einwohner-Ort Götz, der zur Gemeinde Groß Kreutz gehört, habe sie zunächst gar nichts von ihrem Abenteuer erzählt, sagt sie. Ihrem Freund, ein Potsdamer, natürlich schon. „Der ist total stolz auf mich“, sagt die junge Frau. „Er freut sich für mich.“

Mittlerweile sei die Neuigkeit auch im Freundeskreis durchgesickert. Angst vor Neid oder Missgunst hat sie nicht, auch nicht in ihrer Klasse. „Meine Freunde freuen sich für mich, und wenn mir jemand blöd kommt, dann lasse ich das an mir abprallen.“ Auch ihre Eltern – der Vater Brandenburger, die Mutter Polin – hätten sich gefreut.

Wie es nun weitergeht, weiß Karolina noch nicht. Nächstes Jahr macht sie Abitur, „dann lasse ich alles erst mal auf mich zukommen.“ Aber sie hat offenbar Blut geleckt, sofort wäre sie wieder dabei, wenn Wunderkind sich noch einmal melden würde. „Ich bin jederzeit erreichbar, wenn die mich brauchen“, sagt sie. Einzig die Schulbefreiung macht ihr Sorgen. Mindestens eine Woche im Voraus müsste sie beantragen, dass sie dem Unterricht fernbleiben darf.

Ins Fitnessstudio geht sie weiterhin. „Ich will meine Kondition verbessern, nicht abnehmen“, betont sie. Außerdem bekomme sie beim Trainieren immer gut den Kopf frei und könne sich dann besser auf die Schule konzentrieren. Nach einem Jahr Pause hatte sie sich gerade erst wieder bei „Fitness First“ angemeldet. Ein glücklicher Zufall, wie sich zeigte.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })