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Landeshauptstadt: Duell im Norden

Im Wahlkreis 19 ist CDU-Landtagsabgeordnete Saskia Ludwig die Favoritin. Doch auch ihr SPD-Herausforderer Mike Schubert macht sich Hoffnungen

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Weite Ackerflächen, Probleme, viele Unbekannte: Es geht mit dem Wahlkreis 19 um den spannendsten in der Landeshauptstadt. Dieser erhielt nach der Landtagswahl 2009 eine neue Struktur. So gehört nun nicht mehr nur ein Teil, sondern der komplette Norden Potsdams dazu, plus die Umlandgemeinde Schwielowsee und die Stadt Werder. Nicht mehr dazu gehört die Gemeinde Michendorf.

Dadurch sind die Potsdamer Stimmen im Wahlkreis 19 weit wichtiger als noch 2009: Kam damals nur etwa ein Fünftel der Wahlberechtigten aus der Landeshauptstadt, leben mit 25 440 Personen nun knapp die Hälfte der insgesamt 54 340 potentiellen Wähler in Potsdam. Darunter sind viele Zuzügler, die in den vergangenen Jahren Hunderte neue Ein- und Mehrfamilienhäuser sowie Doppelhaushälften in Golm, Bornim oder Bornstedt bezogen haben. Viele Unbekannte.

Die Siegerin vor fünf Jahren hieß Saskia Ludwig. Damals hatte die CDU-Landtagsabgeordnete gegen die heutige EU-Parlamentarierin Susanne Melior (SPD) gewonnen – das Resultat lautete 29,7 zu 28,4 Prozent. Daher ist Ludwig die Favoritin. Allerdings: Melior gewann damals im Potsdamer Teil des Wahlkreises, während Ludwig vor allem im Umland punktete – doch diesmal wählen eben deutlich mehr Landeshauptstädter.

Zudem musste Ludwig seit der vergangenen Wahl auch Niederlagen verkraften. Die schwerste: Im Herbst 2012 trat sie als Partei- und Fraktionschefin der Brandenburger CDU zurück, nachdem in der Union das Vertrauen für ihren harten Kurs gegen die rot-rote Landesregierung geschwunden war. So hatte sich die 46-Jährige mit teilweise polemischen Äußerungen als Sprachrohr des rechtskonservativen Lagers zu etablieren versucht.

Ihr Herausforderer ist Mike Schubert, Chef der Potsdamer SPD. Wie Ludwig lebt der 41-Jährige in Golm, beide haben schon vor Monaten begonnen, sich für den Wahlkampf zu rüsten. Ludwig ließ sich zu den Kommunalwahlen in den Golmer Ortsbeirat wählen und schon damals Plakate hängen. Aktuell will sie für jedes Neugeborene aus Golm einen Lebensbaum pflanzen.

Schubert hingegen hat im Stadtparlament seit dem vergangenen Jahr schon etliche Anträge zu Verbesserungen im Potsdamer Norden eingebracht, im Kampf gegen eine Stromtrasse durch Golm gab er einen der Wortführer – auch gegen den Willen der SPD-Rathausspitze. Im Wahlkampf will Schubert nun mit einer mehrseitigen Broschüre über seinen Werdegang punkten. Das Motto: „Lernen wir uns kennen.“

Auch Ludwig gibt sich bürgernah, provokative Äußerungen vermeidet sie. Vielmehr greift sie den Ärger in den eingemeindeten Ortsteilen der Stadt auf. „Es besteht die Gefahr, dass der Norden endgültig zu einer reinen Schlafstadt degradiert wird“, erklärt sie im Wahlkampf. So kritisiert Ludwig zu wenig Einkaufsmöglichkeiten und Arztpraxen sowie allgemein die Schul-, Kita- und Verkehrsinfrastruktur, gerade in den vor elf Jahren eingemeindeten Ortsteilen. Das alles hatten in den vergangenen Jahren auch die Ortsvorsteher im Potsdamer Norden schon moniert.

Auch Schubert sagt, mehr Infrastruktur werde im Norden dringend gebraucht. Zur Lösung der Verkehrsprobleme schlägt er die von ihm seit Monaten verfolgte Regionbahn vor – also Straßenbahnen, die auf Eisenbahnschienen ins Umland und zurück fahren. Doch solche Lösungen bräuchten Zeit und vor allem mehr Zusammenarbeit mit dem Land und den Umlandgemeinden: „Potsdam kann solche Probleme nicht allein lösen.“ Zudem dürfe man den ländlichen Raum als Lebensgrundlage nicht völlig verbauen.

Der Wettlauf zwischen Schubert und Ludwig könnte also knapp werden. Zuletzt wählte der Norden uneinheitlich: In Bornstedt, Bornim und den meisten Ortsteilen gewann die CDU knapp gegen die SPD. Dagegen konnten die Sozialdemokraten in Golm und Eiche punkten, sie kamen dort deutlich vor der Union ins Ziel. Ludwig kann gleichwohl auf ihre Hochburgen im Umland setzen. Schubert wiederum erhielt bei der Kommunalwahl als Einzelkandidat im Norden die meisten Stimmen.

Zwischen den beiden Kontrahenten ist wenig Platz für andere, etwa für Potsdams Linke-Chef Sascha Krämer. Der 37-Jährige musste zuletzt wegen eines ausgestreckten Mittelfingers gegen einen Reporter Kritik einstecken. Zudem lebt er nicht im Wahlkreis. Ob in dieser Gemengelage seine Forderungen nach besserem Nahverkehr, dem Schutz der landschaftlichen Vielfalt im Norden und seine „Frech. Pragmatisch. Sozial“-Plakatkampagne verfangen, ist ungewiss. Die Messlatte liegt für Krämer bei 24 Prozent, die sein Vorgängerkandidat vor fünf Jahren holte.

Bald will Krämer in seiner Partei als Kreischef bestätigt werden. Schubert könnte sich mit einem Sieg für höhere Weihen empfehlen. Und für Ludwig wäre ein Sieg nach ihrem Rückzug als CDU-Chefin wichtig. Im Wahlkreis 19 werden nebenbei auch Politkarrieren entschieden.

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