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Sinterklaas und seine Pieten im Holländischen Viertel.

© Patrick Pleul dpa

Streit um Sinterklaas in den Niederlanden und Potsdam: Dunkle Wolken über dem Nikolausfest

In Potsdam ist alles klar: Es wird in diesem Jahr keine "Zwarten Pieten" geben. In den Niederlanden spaltet der Rassismus-Streit um die schwarzen Pieten die Nation.

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Meppel/Potsdam - Wegen der heftigen Rassismus-Vorwürfe wird in diesem Jahr erstmals das "Sinterklaasfest" in Potsdam ohne Sinterklaas stattfinden. Bisher gehörten der Nikolaus und Zwarte Piet auch zum niederländischen Adventsfest im Holländischen Viertel dazu. Doch der Auftritt wurde wie berichtet abgesagt. Die Stadt Potsdam hatte den Zuschuss von 16 000 Euro gestrichen. Begründung: die Proteste gegen die als rassistisch empfundene Darstellung des Zwarte Piet. Auch eine Studie von Professoren kam zu dem Ergebnis, dass die Darstellung des Zwarte Piet rassistisch sei, sagte ein Sprecher der Stadt.

Auch in den Niederlanden ist das Fest umstritten: Die kleine Stadt Meppel im Osten der Niederlande hat sich herausgeputzt. An den pittoresken Grachten flattern bunte Wimpel, die Geschäfte haben ihre Schaufenster mit Nikoläusen und Pfeffernüssen geschmückt. Die Kinder können es kaum noch erwarten: Der Nikolaus kommt am Samstag in der Kleinstadt in der Provinz Drenthe an. Und das ist ein nationales Ereignis. Das niederländische Fernsehen wird sogar live berichten. Doch über Meppel brauen sich dunkle Wolken zusammen, und das sind nicht nur die Vorboten eines heftigen Herbststurmes.

Fröhliche Kinder, rassistische Karrikaturen

35 000 Besucher erwartet die Stadt unweit der deutschen Grenze. Doch das werden nicht nur fröhliche Kinder mit ihren Eltern sein. Gegen das Fest sind Proteste angekündigt worden. Schon seit Jahren wütet um den Sinterklaas ein heftiger Rassismus-Streit. Grund sind seine Helfer, die schwarzen Pieten. Für viele sind sie rassistische Karikaturen.

Traditionell legt der "Sinterklaas" jedes Jahr Mitte November mit seinem Dampfschiff an der niederländischen Küste an - an Bord sind die Geschenke für die große Bescherung am 5. Dezember. Das freut eigentlich jeden, wenn da nicht die schwarzen Pieten wären. Die freundlichen lustigen "Zwarte Pieten" sind schwarz angemalt, haben dicke rot geschminkte Lippen, tragen eine schwarze Kraushaarperücke und ein buntes Fantasiekostüm - mit Feder auf dem Hut.

Schon seit Jahren protestieren vor allem schwarze Niederländer gegen diese Figur. "Zwarte Piet" sei purer Rassismus. Das hatten noch im August sogar die Vereinten Nationen bestätigt. Nach einem Urteil des Antirassismus-Ausschusses der UN müssen die Pieten abgeschminkt werden.

Meppel reagierte auch darauf und kündigte Veränderungen an. So sollen am Samstag im Gefolge des Nikolauses nicht nur rabenschwarze Pieten auftauchen, sondern auch solche nur mit Rußflecken. Denn schließlich weiß hier jedes Kind: die Pieten sind schwarz, weil sie durch die Schornsteine in die Wohnungen klettern, um die Geschenke zu bringen.

Insgesamt 90 Menschen festgenommen

Ende gut alles gut? Nein. Aus Rotterdam, Utrecht und Amsterdam haben sich Demonstranten angekündigt. "Wir kommen nicht wegen der Geselligkeit", drohte Reinier de Vries vom Aktionskomitee "Kick out Zwarte Piet" in der Tageszeitung "De Telegraaf" am Freitag. Wie viele Demonstranten in Meppel erwartet würden, wollte er nicht sagen. "Wir werden eine deutliche Gegenstimme erheben", sagte de Vries.

Keiner will den Kindern die Freude verderben, doch Konflikte mit Anhängern der Piet-Tradition sind nicht auszuschließen. Im vergangenen Jahr wurden während des nationalen Einzuges des Sinterklaas in Gouda insgesamt 90 Menschen festgenommen - Gegner und Befürworter.

Der Streit um Sinterklaas spaltet das Land. Vor allem in den ländlichen Gebieten will man die Tradition verteidigen. Wenn der Nikolaus auf seinem Schimmel ab Sonntag durch das Land zieht, wird er in den meisten Kleinstädten und Dörfern von rabenschwarzen Pieten begleitet - wie eh und je. Auch die meisten Grundschulen, so ergaben Umfragen, ignorieren die heftige Rassismus-Kritik.

Doch langsam aber sicher tut sich etwas. "Der Wandel hat eingesetzt", stellte das Zentrum für niederländische Volkskultur fest. Trendsetter sind die Großstädte. In Amsterdam, Rotterdam, Den Haag und Utrecht soll es bei den zentralen Umzügen auch weiße, bunte und die "Rußflecken-Pieten" geben.

Auch der Handel reagierte, wenn auch vorsichtig. Auf den Verpackungen von Schokolade oder Pfeffernüssen lachen nun auch bunte und weiße Pieten. Das Edelwarenhaus Bijenkorf schmückte sich erstmals mit goldenen Pieten.

Annette Birschel

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