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Von Sophia Sabrow: Durchblick im digitalen Dschungel

Ein Kolloquium an der Filmhochschule beschäftigt sich mit digitaler Filmproduktion

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Längst hat die digitale Revolution auch das Kino und Fernsehen erreicht. Nachdem analoge Fotoapparate gegen Digitalkameras ausgetauscht worden sind, DVDs vollständig herkömmliche Videokassetten ersetzt haben, kaum jemand noch Schallplatten bei sich im Schrank hat, sondern seine Musik auf CD oder einem I-Pod speichert, geht es nun auch den altbewährten Kinorollen an den Kragen. Sie werden verschwinden, da die Filmproduktion für Kino und TV in der ganzen Welt Schritt für Schritt digitalisiert wird.

Zwar wird die Filmproduktion dadurch deutlich vereinfacht: Wo man früher noch ein ganzes Labor brauchte, können heute Digitalkamera und zwei Computer für Bearbeitung und Farbkorrektur einen kinofertigen Film herstellen. Doch bringt der Digitalisierungsprozess auch einige Hürden mit sich.

„Finde deinen Weg durch den digitalen Dschungel“, lautet deshalb das Motto des internationalen Kolloquiums „Insight Out“, bei dem die Potsdamer Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf“ (HFF) in dieser Woche die Schwierigkeiten des digitalen Kinos thematisiert. Der ungeübte Beobachter hat tatsächlich das Gefühl, in einen Dschungel geraten zu sein. In einer Welt, in der die Worte High Definition Television, Stereoskopie und Digital Workflow zum Standardvokabular gehören, muss er sich verloren fühlen.

Aber auch für einen versierten Filmprofi stellt die Digitalisierung eine echte Herausforderung dar. Hat er das Technik-Wirrwarr der modernen Geräte durchschaut, steht er vor der nächsten Hürde: Die digitale Produktionsweise ist nicht mehr linear, sondern verschiedene Prozesse verschmelzen miteinander. Wo vorher Schneiden, Ton- und Farbkorrektur des Filmmaterials sauber voneinander getrennt waren, gehen sie nun ineinander über. Die Vielzahl an technischen Möglichkeiten, lässt vorher kaum absehen, wie viel Zeit und Geld für die Fertigstellung letztendlich benötigt wird. Das kann schnell zum Verhängnis werden.

Wie sich Filmschaffende trotz dieser Hindernisse einen Weg durch den digitalen Dschungel bahnen können, versucht die HFF auf ihrem jährlich stattfindenden Kolloquium zu zeigen. Filmemacher und Experten aus aller Welt kommen hier zusammen, um sich über digitale Produktionsweisen auszutauschen. „Auf Internationalität und Interdisziplinarität legen wir bei ,Insight Out’ besonderen Wert. Nur so können die Themen vielseitig beleuchtet werden.“, erklärt Martin Steyer, Vizepräsident der HFF. Das ist offensichtlich gelungen: In einer Pause hört man eine Filmproduzentin aus Hongkong angeregt mit einem dänischen Regisseur über verschiedene Filmkameras diskutieren. Am Nebentisch tauschen ein türkisches Filmteam des Radio- und Fernsehsenders „TRT Ankara“ mit einem italienischen Produzenten ihre Erfahrungen mit dem digitalen Kino aus.

„,Insight Out’ hat den Anspruch, innovativ zu sein. Wir möchten den Teilnehmern nicht den aktuellen Stand der Technik präsentieren, sondern in die Zukunft weisen“, betont Ursula Reber, die das Programm konzipiert hat. Die Teilnehmer könnten bei „Insight Out“ in Übungseinheiten von Trainern lernen, „die wahre Koryphäen in ihren Gebieten sind“, erklärt die ehemalige HFF-Studentin. Amin Matalqa ist einer von ihnen. Auf dem Kolloquium stellt er seinen aktuellen Kinofilm „Captain Abu Raed“ vor. Das Melodram wurde in Jordanien, der Heimat des Regisseurs, gedreht und vollständig digital produziert. Damit ist Matalqa ein Pionier in der Filmproduktion. Sein Werk wird zu einer Fallstudie, von der andere lernen können. Die digitale Revolution findet Matalqa vorteilhaft für die Filmproduktion. „Allerdings muss man aufpassen, vor lauter Special-Effects nicht die eigentliche Aufgabe zu vergessen, nämlich eine Geschichte zu erzählen“, meint Matalqa, der mit seinem Filmkonzept gleich zwei Geschichten geschrieben hat: eine für den Kinobesucher und eine für seine Kollegen. Die erste ist die des Protagonisten Abu Raed, der sich als Flugzeugpilot ausgibt. Die zweite erzählt, wie man sich erfolgreich durch den digitalen Dschungel schlagen kann.

Sophia Sabrow

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