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Landeshauptstadt: Durchs Büro fliegen

Stuntfrau Yvonne Dietzel braucht den Nervenkitzel

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Stuntfrau Yvonne Dietzel braucht den Nervenkitzel Von Nicola Klusemann Die täglichen Prügeleien war sie leid. Darum hörte sie mit der Show auf und setzte stattdessen ihr Studium der Betriebswirtschaftslehre (BWL) fort – auch, um etwas Solides zu haben. Jetzt sitzt Yvonne Dietzel in einem gläsernen Office im Babelsberger Fx.Center und kann sehen, wie sich die Vorbeigehenden in den spiegelnden Scheiben betrachten. Die kleine Zentrale der Jungunternehmen Appleboxx, Haeger Stunt & Wireworks sowie Block & Graphics ist unweit entfernt von ihrer einstigen Wirkungsstätte. Die heute 27-Jährige war ein halbes Jahrzehnt Stuntgirl bei der Stuntshow im Filmpark Babelsberg. Mit spektakulären Sprüngen hat sie den Atem von Tausenden von Zuschauern stocken lassen. „Für mich wurde das zur gefährlichen Routine“, sagt die junge Frau mit blonder Mähne. Sie stürzte ab – aus zehn Metern Höhe – und landete nur auf einer dünnen Schaumstoffmatte. „Ich war nicht richtig angeseilt, einfach unkonzentriert, mir meiner Sache zu sicher“, erinnert sich die gut Durchtrainierte. Glücklicherweise habe sie sich lediglich einen Bänderriss zugezogen. Als Zeichen deutete sie den Unfall dennoch und machte Schluss mit den täglichen Stunts. Die Kontakte zur Stuntcrew Babelsberg aber pflegt sie weiter. Eine ihrer BWL-Professorinnen betrachtete die Zukunft der studierenden Stuntfrau mit Skepsis. „Die dachte immer, aus mir werde wohl nichts“, lacht Yvonne Dietzel. Die Frau Professor würde sich heute ganz schön wundern, „obwohl mir mein Studium nicht viel nützt.“ Nur eines habe sie an der Universität fürs Leben gelernt: Selbstständiges, diszipliniertes Arbeiten. Als Assistentin der Produktion bei Appleboxx arbeite sie nun hinter der Kamera. Das sei sehr abwechslungsreich. Trotzdem müsse sie ab und zu ihre Nerven kitzeln. So trainiere sie zurzeit eine Kampfszene, um in einem Sat.1-Film die Darstellerin einer Nanny, die laut Drehbuch über Karatetechniken verfügt, zu doubeln. Dabei arbeite sie mit so genannten Wireworks: Die Stuntfrau hängt an Drähten und wird per Muskelkraft durch die Luft gewirbelt. Nur Büro, das ist definitiv nichts für Yvonne Dietzel. Dass die im Januar dieses Jahres gestartete Produktionsfirma Appleboxx noch freie Termine in den Auftragsbüchern hat, lässt sie die Werbetrommel rühren. Immerhin habe man schon ein Musikvideo für „Subway to Sally“ produziert, das es in den Musiksender MTV schaffte. Auch habe man eine Social-Produktion gehabt: Einen Werbeclip für den Welt-Aids-Tag mit Yvonne Dietzel in der Hauptrolle. Dafür habe es zwar kein Geld gegeben. Aber das Projekt habe einmal mehr gezeigt, wie richtig die Standortwahl Medienstadt Babelsberg war. „Wir helfen uns hier auf dem Gelände alle gegenseitig.“ Auch für die Referenzliste sei der Aids-Spot gut; jetzt fehle nur noch ein großes Aushängeschild. Zum Beispiel könnte die Regionalwerbung, die im Kino läuft, ein bisschen mehr Pepp und Action vertragen, meint die Produktionsassistentin. Mit dem hauseigenen Kameramann und im Verbund mit Haeger Stunt & Wireworks sowie dem Filmservice Block und Graphics könne man da schon was Schönes auf die Beine stellen. Das sei lediglich eine Frage des Budgets, sagt sie. Nicht nur als studierte BWLerin aber weiß sie, dass schöne Ideen genau daran oftmals scheitert.

Nicola Klusemann

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