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Landeshauptstadt: Dynamik hinter alten Mauern

Freiwillige helfen, Wände werden aufgebrochen und Brandmauern gezogen. Das geschlossene Kulturzentrum Archiv ist mitten im Umbau

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Feuchter Mörtel und altes Holz – ungewohnte Gerüche wabern durch das „Archiv“ in der Leipziger Straße. Bis Ende des vergangenen Jahres roch es in Potsdams alternativem Kulturzentrum in der Leipziger Straße eher nach Tabakqualm und Bierdunst. Doch damit ist erst mal Schluss. Statt Kneipen- und Konzertbesuchern sind derzeit Bauarbeiter in dem alten Gemäuer anzutreffen.

Im gesamten Erdgeschoss wird seit Anfang Januar gebaut. „Die Umbauten werden die Dynamik des Hauses verändern“, sagt Archiv-Sprecher Kay-Uwe Kärsten und zeigt auf ein Grundriss des Gebäudes. „Wir sind gespannt, wie die Besucher reagieren.“ Nötig wurde der Umbau durch Forderungen der Bauaufsicht.

Mitte Dezember hatte deren Chef Markus Beck im Hauptausschuss der Stadtverordnetenversammlung verkündet, dass ab dem neuen Jahr keine Veranstaltungen mehr in dem sanierungsbedürftigen Gebäude stattfinden dürfen. Auch der Kneipenbetrieb müsse eingestellt werden, sonst drohe ein ordnungsbehördliches Verfahren. Hintergrund dafür waren Mängel beim Brandschutz.

In den 18 Jahren seit der Gründung sei das Archiv ohne städtische Zuschüsse ausgekommen. 60 000 Besucher habe man im Jahr, so Kärsten. Die Schließung war er herber Schlag für Vereinsmitglieder und Nutzer. Allerdings setzte sie auch Energien frei. Um die dringendsten Maßnahmen angehen zu können, braucht der Verein 50 000 Euro. Auf seiner Internetseite www.archiv-potsdam.de bittet der Verein um Spenden. Mit 22 965,71 Euro wird am Mittwoch die Spendensumme angegeben. „Das ist überwältigend“, sagt Kärsten. Er habe nicht damit gerechnet, dass nach drei Wochen so viel Geld zusammenkommt.

Doch das Bare sei nur eine Seite. Auch die Hilfsbereitschaft vieler Unterstützer sei groß. „Bei einigen hat sich in den letzten Jahren etwas angestaut. Die legen jetzt richtig los“, sagt Kärsten. Mit den unentgeltlichen Arbeitsstunden der Helfer soll ein großer Teil des nötigen Budgets gedeckt werden. „Wir müssen ab Januar mauern, putzen, mörteln, malern, sägen, trocken bauen, Elektro-Arbeiten durchführen, Türen und Fenster einsetzen und so weiter und so fort“, heißt es auf der Internetseite. Wer irgendetwas davon gut kann, solle sich melden.

Im alten Eingangsbereich steht jetzt eine Tafel. Darauf ist die „To-Do-Liste“ geschrieben. Ein Dutzend Aufgaben vom Einbau neuer Fenster bis zum Abreißen alter Deckenverkleidungen steht darauf. „In Wirklichkeit ist es noch viel mehr“, sagt Kärsten. Ganz unten steht geschrieben: „Ab und an mal sauber machen.“

Besonders die alte Deckenverkleidung hat Dreck verursacht. Über den alten sogenannten Sauerkrautplatten verbarg sich allerlei Schmutz von früheren Bauarbeiten. Im Flur, den Toiletten und ein paar Räumen sind bereits brandhemmende Platten an den Decken angebracht. „Die sollen 90 Minuten einem Feuer standhalten“, sagt Kärsten - eine der Auflagen der Bauaufsicht. Aus demselben Grund werden auch neue Brandschutztüren eingebaut.

Wenn alle Auflagen erfüllt sind, könnte das Haus im April eine Erlaubnis für Veranstaltungen erhalten. Dann werden die Besucher das Gebäude mit dem bröckelnden Putz an einer anderen Stelle als bisher betreten. Um 90 Grad versetzt geht es dann durch eine Tür im Seitenflügel in eine sogenannte Schallschleuse – durch eine zweite Tür im Inneren soll die Lärmbeslästigung für die Anwohner verringert werden. Dahinter befindet sich dann der vergrößerte Kneipenraum. Hier soll es auch einen neuen Tresen geben. Die Fenster zur Giebelseite werden zugemauert, sodass eine Brandmauer zum Nachbargebäude entsteht. An der Straßenseite werden dafür denkmalgerechte Schallschutzfenster eingebaut. Insgesamt wird es außer dem Haupteingang drei Fluchtwege geben. Ein in den letzten Jahren geschlossener Veranstaltungsraum soll wieder genutzt werden können.

Die Stadt unterstütze die Vereinbarung mit der Bauaufsicht, heißt es aus dem Rathaus. Über die langfristige Finanzierung für den weiteren Umbau soll es in Kürze Gespräche geben. Die Stadt hat bereits 625000 Euro für die Sanierung reserviert. Allerdings sind rund 1,1 Millionen Euro nötig. Die Finanzierungslücke soll der Verein schließen.

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